Thomas Sternberg kandidiert nicht wieder für ZdK-Präsidentenamt
Thomas Sternberg ist ein ausgesprochen vielseitiger Mensch. Theologe, Kunstexperte, Politiker und seit 2015 Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken. Für dieses Amt will er aber nicht erneut kandidieren.
Bonn – Er sagt, er habe das schon bei seiner ersten Wahl angekündigt. Freunde und Mitstreiter sind trotzdem überrascht und erschrocken: Der Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Thomas Sternberg (69), hat am Freitag angekündigt, dass er im November nicht wieder für das Amt kandidieren wird. Der Münsteraner hatte das höchste repräsentative Amt der deutschen Laienkatholiken 2015 vom CSU-Politiker Alois Glück übernommen – und damit die ununterbrochene Reihe der Unionspolitiker in diesem Amt fortgesetzt. „Als Sie mich 2015 zum Präsidenten des ZdK wählten, hatte ich angekündigt, für die restliche Periode meines Vorgängers Alois Glück und eine weitere zur Verfügung zu stehen“, sagte Sternberg vor den Delegierten der ZdK-Frühjahrsvollversammlung und verwies auf sein Alter. An seiner damaligen Entscheidung habe sich nichts geändert.
Sternberg strahlt großen Tatendrang aus
Es wird ein Personalwechsel in schwieriger Zeit. Der Ratschlag des wohl berühmtesten US-Präsidenten Abraham Lincoln, die Pferde lieber nicht zu wechseln, während man den Fluss überquert, gilt demnach nicht für das Zdk. Das Katholikenkomitee ist mittendrin in der Auseinandersetzung um die Aufarbeitung von sexuellem Missbrauch. Den Reformprozess des Synodalen Wegs, der im Dezember 2019 startete, hat Sternberg wesentlich mitgestaltet. Auch das ZdK selbst erlebt große Umbrüche: Im Januar 2020 hat in Marc Frings ein neuer Zdk-Generalsekretär sein Amt aufgenommen. Im kommenden Januar zieht das Sekretariat von Bonn nach Berlin. Die katholischen Laien sollen näher an den politischen Entscheidungsträgern sein. Große Aufgaben für die neue Führung.
Der gebürtige Sauerländer Sternberg ist ein Baum von einem Mann. Einer, der großen Tatendrang ausstrahlt. Nach dem Abendgymnasium studierte er Germanistik, Philosophie, Kunstgeschichte, Theologie, promovierte gleich zweimal, in Germanistik und in Theologie. Das Auslandsstudienjahr in Rom hat ihn tief geprägt. Als Direktor der traditionsreichen Katholisch-Sozialen Akademie im Bistum Münster profilierte Sternberg das „Franz-Hitze-Haus“ auch als Stätte von Kultur und Kunstausstellungen. Zusätzlich engagierte sich der Vater von fünf Kindern auch noch im Münsteraner Stadtrat und wurde später kulturpolitischer Sprecher der CDU-Landtagsfraktion in Düsseldorf. Seit 2001 ist er Honorarprofessor für Kunst und Liturgie an der Uni Münster.
Engagiert und kritisch
Sternberg ist klar, dass die Kirche in Deutschland vor einem dramatischen Wandel steht und ihre Rolle neu definieren muss. In der Bewerbungsrede 2015 vor der Vollversammlung des ZdK sprach der frühere Bäckergeselle davon, dass die Laien in der Kirche Sauerteig sein sollten. Sternberg selbst steht mit einem Bein noch mitten in den alten volkskirchlichen Strukturen, wie er sie in Westfalen erlebt hat. Die Liturgie ist ihm wichtig, besonders die Feier der Osternacht, auch Taize. Über seinen eigenen Glauben sagt Sternberg, er sei engagiert und kritisch.
Der Münsteraner verkörpert Stehvermögen und Selbstbewusstsein, kann klare Kante zeigen. Beim 100. Katholikentag in Leipzig 2016 hielt er gegen massive Kritik daran fest, der AfD kein Podium zu bieten. Mehrfach hat er sich für ein neues Konzil ausgesprochen – auch um die Rolle der Frauen in der Kirche voranzubringen. Er ist für die Öffnung des Diakonenamtes für Frauen, fordert mehr Gewaltenteilung und eine Verwaltungsgerichtsbarkeit in der Kirche und hat dem Nein der Glaubenskongregation zur Segnung homosexueller Paare massiv widersprochen. Im Streit um das Kölner Missbrauchsgutachten forderte er offen personelle Konsequenzen von den Verantwortlichen.
Von Kritik tief getroffen
Umso mehr zeigte sich Sternberg am Freitag verletzt von Kritik, er sei zu wenig kritisch mit Blick auf die Aufarbeitung von sexuellem Missbrauch, suche einen zu starken Schulterschluss mit den Bischöfen und stelle zu wenig das Leid der Betroffenen und Opfer in den Mittelpunkt der Aufarbeitung. „Dieser Vorwurf trifft mich zutiefst, und ich halte ihn auch in der Sache für falsch“, sagte er vor der Vollversammlung. „Einem polarisierenden, oft polemischen und hysterischen Debattenstil, wie er durch die so gar nicht sozialen social media befördert wird, möchte ich entschieden entgegentreten.“