Der Fuldaer katholische Bischof Michael Gerber hat sich kritisch zur aktuellen Situation im Erzbistum Köln geäußert.
Fulda – Der Fuldaer katholische Bischof Michael Gerber hat sich kritisch zur aktuellen Situation im Erzbistum Köln geäußert. In einem Interview der „Fuldaer Zeitung“ (Montag) sagte er auf eine Frage nach Kölns Kardinal Rainer Maria Woelki, er nehme eine „Entfremdung“ zwischen Woelki und den Gläubigen in Köln wahr. „Grundsätzlich kann ich an einen Punkt kommen, an dem ich mir die Frage stellen muss: Bin ich noch richtig an meinem Platz?“, sagte Gerber. Persönlich habe er mit Woelki in letzter Zeit aber nicht über die aktuelle Lage sprechen können, ergänzte der 51-jährige. „Dazu ist mein Kontakt zu Kardinal Woelki nicht eng genug und ich kenne die Situation im Erzbistum Köln nicht so genau.“
Generell leide der Austausch in der Bischofskonferenz derzeit darunter, „dass wir uns seit zehn Monaten nicht in Präsenz treffen“. Kritiker werfen dem Kölner Erzbischof moralische Fehler im Umgang mit früheren Missbrauchsfällen vor, wobei ein Rechtsgutachten Woelki juristisch entlastet. Mehrfach wurde der Rücktritt des Kardinals gefordert, was dieser stets zurückwies. Wegen der Debatte und der entstandenen Vertrauenskrise schickte Papst Franziskus zwei Gesandte nach Köln. Sie prüften bis vergangenen Dienstag die Vorgänge vor Ort.
Gerber: „Die Kirche eine hohe moralische Fallhöhe“
Auf die Frage, ob die katholische Kirche das Thema Missbrauch wohl jemals los werde, sagte Gerber: „Wir werden sehr lange damit zu tun haben.“ Es gehe im Kern darum: „Wie haben Menschen Kirche erfahren?“ Und man müsse schmerzlich feststellen, dass viele Menschen auch sexualisierte Gewalt erfahren hätten. Die Kirche müsse dieser Tatsache in der Aufklärung gerecht werden. „Da hat die Kirche eine hohe moralische Fallhöhe, und wir müssen aufpassen, dass wir Betroffene dabei nicht retraumatisieren“, betonte Gerber.
Das Rücktrittsangebot des Münchner Kardinals Reinhard Marx habe ihn überrascht, so der Fuldaer Bischof weiter: „Das kam für mich völlig aus dem Off.“ Er habe Marx als früheren Vorsitzenden der Bischofskonferenz „als streitbar vor dem Herrn erlebt“. Und habe sich gefragt: „Was passiert, wenn er in dem Kreis fehlt – nicht als Seelsorger, da wollte er ja weiter machen, sondern an seinem Platz unter uns Bischöfen.“ Das inzwischen von Papst Franziskus abgelehnte Rücktrittsangebot von Marx sei „ein Signal, dass jemand an seine Grenzen gekommen ist“, sagte Gerber: „Und ein Signal sich zu fragen: Wie gehen wir eigentlich miteinander um, welche Verantwortung, welche Sorge tragen wir füreinander?“