Papst Franziskus meldet sich zurück

Mit einer Generalaudienz meldete sich Papst Franziskus am Mittwoch nach seiner Sommerpause und Reha in der Öffentlichkeit zurück. Und erstmals seit langem wird nicht nur in Rom über das nächste Konklave diskutiert.
Mit einer Generalaudienz meldete sich Papst Franziskus am Mittwoch nach seiner Sommerpause und Reha in der Öffentlichkeit zurück. Und erstmals seit langem wird nicht nur in Rom über das nächste Konklave diskutiert.

Papst Franziskus. –Foto: © Jorge Silva | Dreamstime.com

Mit einer Generalaudienz meldete sich Papst Franziskus am Mittwoch nach seiner Sommerpause und Reha in der Öffentlichkeit zurück. Und erstmals seit langem wird nicht nur in Rom über das nächste Konklave diskutiert.

Franziskus wirkte voller Tatendrang

Zu heiß sei es, hatte Papst Franziskus am Sonntag beim ersten Angelus-Gebet im August zu zahlreichen Jugendgruppen gesagt. Doch trotzdem könne man ja heiter und unbeschwert sein. Heiter wirkte das Kirchenoberhaupt auch am Mittwoch bei der ersten Generalaudienz nach der Sommerpause und seiner schweren Darm-Operation Anfang Juli. In der klimatisierten Audienzhalle war die römische August-Hitze kein Problem. Und Franziskus wirkte voller Tatendrang, sprach klar und mit Nachdruck.

Knapp zwei Wochen zuvor, gleich nach seiner Rückkehr aus der Gemelli-Klinik, hatte der Papst bereits den Vatikan aufgerüttelt. Mit seinem Gesetzes-Schreiben zur Zurückdrängung der „Alten Messe“ hatte er katholische Traditionalisten weltweit vor den Kopf gestoßen und erneut gezeigt, dass er in wichtigen Fragen hart und schnell durchgreifen kann. In der vergangenen Woche untermauerte der Beginn des spektakulären Vatikan-Strafprozesses gegen Kardinal Giovanni Angelo Becciu und neun weitere Angeklagte wegen dubioser Finanzgeschäfte den Eindruck, dass der Pontifex im Vatikan das Heft fest in der Hand hält. Dass Becciu auf der Anklagebank sitzt, wurde überhaupt erst möglich, nachdem Franziskus Kirchengesetze geändert hatte.

Drückt der Papst wegen seiner OP nun aufs Tempo?

Vatikanbeobachter spekulieren bereits, ob der Papst, womöglich angetrieben durch den medizinischen „Warnschuss“ seiner Darm-OP, aufs Tempo drückt und noch möglichst viele Dinge regeln will. In vier Monaten vollendet er sein 85. Lebensjahr und erreicht damit das Alter, in dem sein Vorgänger Benedikt XVI. sich zum Rücktritt entschloss. Kaum jemand glaubt, dass Franziskus ohne Not vor Abschluss der Weltsynode im Oktober 2023 sein Amt aufgeben will. Dort könnte eine Art Verfassungsreform der katholischen Weltkirche auf den Weg gebracht werden – ein mögliches Vermächtnis des Argentiniers. Doch dass seine an der Kirchenspitze verbleibende Zeit verrinnt, rückt nach dem ersten längeren Krankenhausaufenthalt stärker ins Bewusstsein.

Dazu passt, dass der renommierte Kirchenhistoriker Alberto Melloni in der jüngsten Ausgabe der italienischen Zeitschrift „Il Mulino“ den Papst nahezu beschwor, die Regeln für die Wahl seines Nachfolgers rechtzeitig zu ändern. Die letzte umfangreiche Änderung der Konklave-Regeln hatte Johannes Paul II. 1996 in Kraft gesetzt. Doch seither, so Melloni, haben zwei Faktoren die Rahmenbedingungen für ein Konklave radikal verändert. Der eine betrifft die „Verletzlichkeit“ möglicher Papstkandidaten durch ihren Umgang mit Missbrauchstätern oder mit finanziellen Unregelmäßigkeiten. Der zweite Faktor, der den ersten verstärkt, ist die blitzschnelle Verbreitung von Nachrichten und Gerüchten in digitalen Netzwerken.

Kardinalskollegium handle unter Bedingungen einer „extremen Verwundbarkeit“

Das Kardinalskollegium handle unter den Bedingungen einer „extremen Verwundbarkeit“, schreibt Melloni und fährt fort: „Ohne eine Änderung der Konklave-Ordnung könnte im 21. Jahrhundert wieder eine beachtliche Veto-Macht entstehen, die ein Wahlergebnis abändern könnte. Diese Veto-Macht besäßen dann nicht mehr Könige, sondern die Sozialen Medien und jene, die sie zu nutzen verstehen.“ Wer einen Papst-Kandidaten um seine Wahlchancen bringen wolle, müsse lediglich dafür sorgen, dass die Öffentlichkeit glaube, er habe in moralischer oder finanzieller Hinsicht „eine Leiche im Keller“. Um zu verhindern, dass gar ein bereits gewählter Papst nach wenigen Minuten durch eine weltweite Kampagne in Sozialen Netzwerken zum Rücktritt gezwungen würde, schlägt Melloni einige konkrete Änderungen vor.

So müssten die Kardinäle bereits in den Tagen des „Vorkonklaves“ völlig isoliert im vatikanischen Gästehaus wohnen. Die Wahlberechtigten – alle Kardinale jünger als 80 Jahre – müssten ferner im Konklave mehr Zeit für ausführliche Befragungen und Debatten haben, damit sie einander gründlich überprüfen könnten. Außerdem müsse der Wahlvorgang an den ersten Tagen mit nur einem Wahlgang pro Tag entschleunigt werden. Und schließlich müsse dem Gewählten ausreichend Bedenkzeit eingeräumt werden, damit er, falls ihm selbst „dunkle Flecken“ in seiner Biografie einfielen, die Wahl noch ablehnen könne. Noch ist nicht bekannt, wie Mellonis Vorschlag im Vatikan aufgenommen wurde. Sicher ist nur, dass die von ihm genannten Faktoren die nächste Papstwahl so oder so beeinflussen werden.

Von Anna Mertens und Ludwig Ring-Eifel (KNA)