Zur Integration von Flüchtlingen in Deutschland gehört aus Expertensicht mehr als das Erlernen der Sprache, eine Wohnung und eine Arbeitsstelle.
Berlin – Zur Integration von Flüchtlingen in Deutschland gehört aus Expertensicht mehr als das Erlernen der Sprache, eine Wohnung und eine Arbeitsstelle. Wichtig sei vor allem ein „emotionales Ankommen“ und die Übernahme von Werten und Prinzipien des Grundgesetzes, schreibt der Psychologe Ahmad Mansour in einem Gastbeitrag in der „Welt“ (Mittwoch). Dies könnten nicht die Ämter oder Arbeitgeber ohne Weiteres regeln, und ein solcher Vorgang schlage sich auch nicht in Statistiken nieder. Für diese Prozesse, die mitunter jahrzehntelang andauern könnten, seien vielmehr Kopf, Herz und Verstand gefragt.
„Viele Geflüchtete, die zu uns kommen, haben Angst vor dem Unbekannten, vor Fremdheit, vor Hilflosigkeit aufgrund fehlender Sprachkenntnisse“, schreibt Mansour. Wenn sie aber begreifen könnten, dass eine Öffnung gegenüber der neuen Gesellschaft auch eine echte Chance sei, könne eine „echte Änderung“ passieren. Die Gesellschaft könne Flüchtlingen helfen, indem sie etwa empathisch agiere, mit ihnen ins Gespräch komme und Werte und Regeln vorlebe.
Menschen mit Migrationshintergrund und Flüchtlinge seien keine homogene Gruppe: „Manche sind freiheitsorientiert, andere eher konservativ. Einige sind sehr religiös, andere wiederum weniger oder kaum. Und für einige spielen Traditionen eine größere Rolle als für andere“, betont Mansour. Zudem brächten viele Menschen positive Werte mit nach Deutschland, etwa Gastfreundschaft und Großzügigkeit.
Problematisch werde es, wenn sich bestimmte Werteverständnisse nicht mit der neuen Heimat vereinen ließen. Wenn Migranten weiter daran festhielten und dies möglicherweise auch ihren Kindern mitgäben, „ziehen sie die nächste Generation heran, die sich ebenfalls nicht an die Werte einer freien demokratischen Gesellschaft halten wird“, betont der Psychologe. So werde eine gelungene Integration blockiert.
Hier seien vor allem Eltern in der Pflicht, dass das nicht passiere. Denn es bestehe möglicherweise auch die Gefahr einer Radikalisierung. Religion könne eine wichtige Stütze im komplexen Prozess der Integration sein, dürfe jedoch nicht politisch werden. Wichtig sei, Ängste von Eltern ernst zu nehmen und abzufangen, etwa über Gespräche sowie in der Schule und im Kindergarten, empfiehlt Mansour. Insgesamt müsse Mädchen und Jungen Empathie vermittelt werden.