Ein schweres Erdbeben hat am Samstagmorgen (Ortszeit) den Südwesten Haitis erschüttert. Dabei soll es mindestens 227 Tote gegeben haben,
Port-au-Prince –Ein schweres Erdbeben hat am Samstagmorgen (Ortszeit) den Südwesten Haitis erschüttert. Dabei soll es mindestens 227 Tote gegeben haben, zahlreiche Gebäude stürzten ein, wie Medien am Samstagabend berichten. Eine Tsunamiwarnung angesichts des Bebens der Stärke 7,2 nahmen die Behörden unterdessen wieder zurück. Um 8.29 (Ortszeit) bebte die Erde, nach etwa 20 Minuten ein zweites Mal; noch immer kommt es laut Berichten zu Nachbeben.
Das Epizentrum lag unweit der Gemeinde Saint-Louis-du-Sud im Südwesten Haitis in rund zehn Kilometer Tiefe. Die Stadt mit rund 60.000 Einwohnern liegt 140 Kilometer westlich der Hauptstadt Port-au-Prince. Die Erschütterungen waren demnach in ganz Haiti bis nach Jamaika und die Dominikanische Republik zu spüren. Haitis Übergangs-Präsident Ariel Henry ordnete den Ausnahemzustand an. Im Januar 2010 hatte es auf Haiti ein Erdbeben der Stärke von 7,0 gegeben, dem etwa 300.000 Menschen zum Opfer fielen, 1,5 Millionen wurden obdachlos.
Das Kinderhilfswerk Unicef forderte die Menschen via Twitter auf, sich von ihren Häusern zu entfernen und insbesondere ihre Kinder zu schützen. Auch Save the Children zeigte sich in großer Sorge um die Kinder. Die Mitarbeiter der Organisation vor Ort berichteten von „entsetzlichen Verwüstungen“: von eingestürzten Häusern, zahlreichen Verletzten und Toten, hieß es. Auch wenn es noch Tage dauern werde, um das gesamte Ausmaß der Schäden zu erfassen, sei schon klar, dass sich Haiti inmitten einer humanitären Notlage befinde. „Wir müssen jetzt schnell und entschlossen reagieren zum Schutz der Kinder“, so Leila Bourahla, Landesdirektorin von Save the Children in Haiti.
Besonders betroffen sind die Städte Les Cayes und Jeremie; das Dach der Kathedrale von Jeremie sei eingestürzt, berichtet die Zeitung „Avvenire“. Rettungskräfte sprechen von einer praktisch blockierten Kommunikation mit den betroffenen Gebieten.
Haiti, das ärmste Land der westlichen Hemisphäre, wird immer wieder von Naturkatastrophen heimgesucht. Rund 4,4 Millionen der rund 11 Millionen Haitianer leben unter der Armutsgrenze. Zudem leidet das Land unter einer anhaltenden politischen Krise und hoher Kriminalität. Am 7. Juli wurde Präsident Jovenel Moise ermordet, der seit 2015 mit Unterbrechungen und zuletzt ohne Parlament an der Macht war. Unicef äußerte im Juli Befürchtungen über weitere Gewalt und Unsicherheit als Folge der Ermordung. Die Situation könne die Arbeit von Helfern gefährden und eine Verschlechterung der humanitären Lage in dem Karibikstaat bringen. Mindestens 1,5 Millionen Kinder, ein Drittel aller Minderjährigen, brauchten dringend Hilfe und Schutz, so Unicef.
Unterdessen bereitet das Team von Malteser International in Haiti erste Nothilfemaßnahmen für die Menschen in der Region vor. „Wir rechnen damit, dass das Beben von heute verheerende Folgen haben wird“, erklärte die Organisation am Samstagabend in Köln. Die Steinhäuser in der betroffenen Region im Departement Nippes seien sehr einfach gebaut, Mitarbeiter der lokalen Partnerorganisationen berichteten, dass Gebäude wie Kartenhäuser eingestürzt seien, so die Malteser.
Yolette Etienne, Projektkoordinatorin von Malteser International in Haiti, zeigte sich tief erschüttert. „Ich kann nicht fassen, was die Menschen in Haiti noch alles ertragen müssen. Sie hatten bereits gestern schon wenig. Heute haben sie buchstäblich nichts mehr.“ Man werde nun so schnell es geht Hilfe leisten.