Misereor will Projektarbeit in Afghanistan fortführen

Das katholische Hilfswerk Misereor will die Projektarbeit in Afghanistan auch nach der Machtübernahme durch die Taliban fortführen.
Aachen – Das katholische Hilfswerk Misereor will die Projektarbeit in Afghanistan auch nach der Machtübernahme durch die Taliban fortführen. Man dürfe die Menschen in dieser schwierigen Situation nicht im Stich lassen, sagte Misereor-Geschäftsführer Martin Bröckelmann-Simon am Montag der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). "Bisher sind wir hoffnungsvoll, dass dies mit gewissen Anpassungen und Einschränkungen gelingen kann."

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Das katholische Hilfswerk Misereor will die Projektarbeit in Afghanistan auch nach der Machtübernahme durch die Taliban fortführen. Man dürfe die Menschen in dieser schwierigen Situation nicht im Stich lassen, sagte Misereor-Geschäftsführer Martin Bröckelmann-Simon am Montag der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). „Bisher sind wir hoffnungsvoll, dass dies mit gewissen Anpassungen und Einschränkungen gelingen kann.“

So laufe der Betrieb in einem Kinderkrankenhaus in Kabul derzeit weiter. Auch die Bildungsarbeit mit Mädchen und Frauen konnte laut Bröckelmann-Simon in einem bereits seit einigen Wochen von der Taliban eingenommenen Gebiet vorläufig fortgeführt werden.

Die internationale Staatengemeinschaft dürfe die Menschen in Afghanistan jetzt nicht im Stich lassen, sowohl aus humanitären, aber auch aus entwicklungspolitischen Gründen, betonte der Misereor-Geschäfstführer. „Daher muss mit der Taliban weiter verhandelt und um Menschenrechte, Gewaltvermeidung und zivilgesellschaftliche Freiheit gerungen werden, da nur dies Grundlage für zukünftige Zusammenarbeit sein kann.“

Nach der Machtübernahme der radikalislamischen Taliban in Afghanistan rufen Politiker und Menschenrechtler zu einer raschen Evakuierung gefährdeter Personen auf. Die EU-Außenminister wollen am Dienstagnachmittag über die Situation in Afghanistan beraten. EU-Parlamentspräsident David Sassoli mahnte am Montag via Twitter eine gemeinsame Antwort der Europäischen Union an. Das Land brauche eine dauerhafte und umfassende politische Lösung, die die Rechte der Frauen schütze und den Afghanen erlaube, in Sicherheit und Würde zu leben.

Die EU-Staaten mit Ausnahme von Bulgarien und Ungarn sowie 45 weitere Staaten appellierten unter Verweis auf die Sicherheitslage in Afghanistan an alle Konfliktparteien, ausländische Staatsbürger und Afghanen ausreisen zu lassen. „Das afghanische Volk verdient in Sicherheit, Freiheit und Würde zu leben“, hieß es in der Erklärung. „Wir in der internationalen Gemeinschaft stehen bereit, ihnen zu helfen.“ Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses des Europäischen Parlaments, David McAllister (CDU), sprach sich für eine großzügige Aufnahme von Schutzsuchenden aus.

In Berlin betonte Regierungssprecher Steffen Seibert, wesentliche Aufgabe der Bundesregierung sei es jetzt, die deutschen Mitarbeiter der Botschaft, deutsche Staatsangehörige sowie die Mitglieder der in Afghanistan tätigen deutschen Organisationen und schutzsuchenden Ortskräfte in Sicherheit zu bringen. Viele von ihnen hätten das Land bereits verlassen. Die Gruppe derer, die noch vor Ort seien, sei aber noch größer.

Laut Angaben des Auswärtigen Amtes wurden bislang 40 deutsche Botschaftsangehörige ausgeflogen. Ein kleines Kernteam sei am Flughafen verblieben, um bei der Evakuierung zu helfen. Ferner gebe es eine „hohe zweistellige Zahl“ von Deutschen in Afghanistan, die mit ihren Kernfamilienangehörigen aus dem Land zu bringen seien. Zur Zahl der afghanischen Ortskräfte, die für deutsche Organisationen oder Medien tätig sind, wollte sich Außenamtssprecher Christofer Burger aus Sicherheitsgründen nicht äußern. Bislang seien rund 1.900 von ihnen in Sicherheit gebracht worden.

Die katholische Gemeinschaft Sant’Egidio sprach sich für die Einrichtung von humanitären Korridoren aus. In diesem „Modell der staatlichen und nicht-staatlichen Zusammenarbeit“ könnten gefährdete Geflüchtete auf legalem Weg nach Europa einreisen, hieß es.

In einem Offenen Brief an die Bundesregierung forderte UN Women Deutschland zusammen mit 45 weiteren Organisationen, vor allem die Lage von Frauen in Afghanistan im Blick zu behalten. „Wir bitten Sie eindringlich, neben den Botschaftsangehörigen, Mitarbeitenden der Entwicklungshilfeorganisationen und den Ortskräften so viele Frauenrechtlerinnen wie möglich zusammen mit ihren Familien aus Afghanistan zu retten.“

Der Leiter des Büros von Caritas international in Kabul, Stefan Recker, kündigte an, Hilfsprojekte in Afghanistan weiterzuführen. Die Hilfsprojekte in Kabul lägen derzeit auf Eis, in den Provinzen laufe die Arbeit jedoch „noch ein bisschen weiter“, berichtete Recker im Interview des WDR 5-Morgenechos in Köln. Die Taliban hätten Caritas international aktiv gebeten, die Maßnahmen in den Provinzen fortzusetzen, so der Büroleiter, der mit einer friedlichen Machtübernahme rechnet.

Nicht nur für die Zivilbevölkerung, sondern auch für die Helfer bleibt die Lage in Afghanistan bedrohlich. „Jahrelang galt Syrien als das gefährlichste Land für Nothelferinnen und Nothelfer“, teilte Care am Montag in Bonn mit. Eine Analyse auf Daten der Aid Worker Security Database zeige nun, dass Afghanistan und der Südsudan die Liste anführten.

Wie das Amt der Vereinten Nationen für Nothilfe-Koordinierung mit Stand Sonntag mitteilte, hielt der Zustrom von Flüchtenden in der afghanischen Hauptstadt Kabul bis zum Wochenende an. Zwischen Anfang Juli und dem 15. August habe man 17.600 Vertriebene registriert, die auf humanitäre Hilfe angewiesen seien.

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