Ein Berufungsgericht in Warschau hat am Montag eine Klage gegen zwei Holocaust-Forscher abgelehnt. Wissenschaftliche Forschung zu beurteilen wäre „inakzeptable Zensur“, begründeten die Richter laut der Zeitung „Haaretz“ ihre Entscheidung.
Jerusalem/Warschau – Ein Berufungsgericht in Warschau hat am Montag eine Klage gegen zwei Holocaust-Forscher abgelehnt. Wissenschaftliche Forschung zu beurteilen wäre „inakzeptable Zensur“, begründeten die Richter laut der Zeitung „Haaretz“ ihre Entscheidung. Sie hoben damit ein bezirksgerichtliches Urteil von Februar auf, das die beiden Professoren Barbara Engelking von der Polnischen Akademie der Wissenschaften und Jan Grabowski von der Universität Ottawa/Kanada zu einer öffentlichen Entschuldigung für Aussagen in einem Buch verurteilt hatte.
Ein Gericht sei nicht der Ort, historische Streitigkeiten zu schlichten, werden die Richter zitiert. Die beiden Forscher bezeichneten das Urteil in einem Facebook-Beitrag als „großen Sieg“. Der Fall galt Beobachtern als Präzedenz im Umgang mit dem sensiblen Thema des polnischen Verhaltens gegenüber den Juden im Zweiten Weltkrieg. 2018 verabschiedete Polen ein Gesetz gegen falsche Darstellung von Kriegsverbrechen. Kritiker befürchteten damals, es könne Holocaust-Überlebende und Forscher hindern, an die Beteiligung von Polen am deutschen Völkermord an den Juden zu erinnern.
Die 58-jährige Engelking leitet das Zentrum für Holocaust-Forschung der Polnischen Akademie der Wissenschaften in Warschau. Sie hatte in dem von ihr und Grabowski herausgegebenen Buch „Und immer noch ist Nacht“ eine polnische Holocaust-Überlebende mit der Aussage zitiert, Edward Malinowski habe 22 Juden an die Deutschen ausgeliefert und sie damit der Ermordung preisgegeben. Das 2018 erschienene zweibändige Werk handelt vom Schicksal der Juden im von Nazi-Deutschland besetzten Ostpolen.
Gegen die Aussagen zu Malinek hatte dessen 81-jährige Nichte geklagt. Die Forscher hätten Malinowski zu Unrecht eine Mitschuld an der Ermordung von Juden zugeschrieben. Hinter der Klage steht die Organisation „Festung des guten Namens“, die nach eigenen Angaben für Polens guten Ruf kämpft.