Psychologe: Altersdepression wird zu wenig beachtet

Der Psychologe Reinhard Lindner fordert mehr gesellschaftliche Aufmerksamkeit für das Problem der Altersdepression, die bis zum Suizid führen kann.
Berlin – Der Psychologe Reinhard Lindner fordert mehr gesellschaftliche Aufmerksamkeit für das Problem der Altersdepression, die bis zum Suizid führen kann. "Leider haben wir einen großen Mangel an psychotherapeutischer Hilfe für hochbetagte und immobile Menschen", sagte der Experte für Alterspsychologie der Zeitung "Die Welt" (Dienstag). Zudem schauten die Gesellschaften im nördlichen Europa, "auch wir Deutschen", eher negativ auf das Alter, weil Erwerbstätigkeit als zentraler Aspekt des Wertes von Menschen gelte. Depressive ältere Menschen nähmen sich deutlich häufiger das Leben als jüngere Betroffene.

–Symbolfoto: Gerd Altmann/fPixabay

Der Psychologe Reinhard Lindner fordert mehr gesellschaftliche Aufmerksamkeit für das Problem der Altersdepression, die bis zum Suizid führen kann. “Leider haben wir einen großen Mangel an psychotherapeutischer Hilfe für hochbetagte und immobile Menschen”, sagte der Experte für Alterspsychologie der Zeitung “Die Welt” (Dienstag). Zudem schauten die Gesellschaften im nördlichen Europa, “auch wir Deutschen”, eher negativ auf das Alter, weil Erwerbstätigkeit als zentraler Aspekt des Wertes von Menschen gelte. Depressive ältere Menschen nähmen sich deutlich häufiger das Leben als jüngere Betroffene.

“Gesellschaften, in denen das Alter nicht so negativ konnotiert ist, weisen niedrigere Suizidraten alter Menschen auf, einige Kulturen im islamische Bereich etwa gehen mit dem Altern und mit alten Menschen in der Gesellschaft anders um. Dort werden sie in hohem Maße gewürdigt und wertgeschätzt”, so Lindner. Ein Problem sei aber auch, dass die Inanspruchnahme psychologischer Hilfe bei älteren Menschen um die 80 und älter noch stark tabuisiert sei. Das gelte besonders für Männer. Bei den 60- bis 70-Jährigen habe sich dies inzwischen geändert.

Kinderlosigkeit könne Depression im Alter begünstigen

“Es ist die Folge davon, dass etwa in den 1970er-Jahren psycholsoziale Erkenntnisse aus der Schmuddelkiste der Medizin befreit wurden”, sagte der Psychologe. Kinderlosigkeit kann nach Lindners Worten die Depression im Alter begünstigen, wenn etwa die Freunde gestorben sind. “Alte Menschen reden sehr viel über die Kinder und vor allem die Enkel oder denken zumindest darüber nach.”

Der Freiheitsgedanke werde zwar sehr stark mit dem Recht auf Suizid verknüpft, so Lindner weiter. “Aber das Ideal kann nicht eine Gesellschaft sein, in der sich jeder selbst töten kann, wann und wie er es möchte. Das Ideal ist eine humanistische Gesellschaft, in der sich niemand töten muss, weil er ein Problem hat.”

kna