Der russisch-orthodoxe Patriarch Kyrill I. hat die Ukraine-Reise des Ehrenoberhaupts der Weltorthodoxie scharf verurteilt.
Moskau – Der russisch-orthodoxe Patriarch Kyrill I. hat die Ukraine-Reise des Ehrenoberhaupts der Weltorthodoxie scharf verurteilt. Der Besuch des Ökumenischen Patriarchen Bartholomaios I. von Konstantinopel in Kiew vor wenigen Tagen sei „sündhaft und unerklärlich“, sagte Kyrill I. am Wochenende bei einem Gottesdienst in Moskaus Hauptkathedrale. Heute versuchten „böse Mächte“, die Einheit der Orthodoxie zu zerstören, und Bartholomaios‘ Visite und „seine Konzelebration mit Schismatikern“ in Kiew sei ein Beispiel dafür.
Der Patriarch von Konstantinopel hatte vom 20. bis zum 24. August die ukrainische Hauptstadt aus Anlass des 30. Jahrestags der Unabhängigkeit des Landes besucht. Dabei rief er Geistliche und Laien der russisch-orthodoxen Kirche zu Versöhnung, Toleranz und gegenseitigem Verständnis auf: „Als Mutterkirche sind wir immer bereit, Probleme anzuhören, Zweifel zu zerstreuen, Ängste zu lindern, Verletzungen all unserer Kinder mit der Gnade Gottes zu heilen, aber im Rahmen der geweihten kirchlichen Tradition.“
Zwischen Patriarchen von Moskau und Konstantinopel tobt Machtkampf um Ukraine
Zwischen den Patriarchen von Moskau und Konstantinopel tobt seit einiger Zeit ein Machtkampf um die Ukraine. Die russisch-orthodoxe Kirche brach bereits 2018 mit dem Ökumenischen Patriarchat von Konstantinopel, nachdem dieses 2018 in der Ukraine die Gründung einer autokephalen, also eigenständigen Kirche für das Land auf den Weg gebracht hatte. Moskaus Patriarch Kyrill I. strich damals auch den Namen Bartholomaios I. aus der Gottesdienstliturgie, was als sehr schwere Strafe gilt. Er sieht im südlichen Nachbarland die ihm unterstehende ukrainisch-orthodoxe Kirche durch die neue Kirche bedroht. Die mit dieser konkurrierende, neue Kirche der Ukraine brandmarkt er stets als „schismatisch“.
Bartholomaios I. hatte die „Orthodoxe Kirche der Ukraine“ im Januar 2019 trotzdem als autokephal anerkannt und sie damit den anderen orthodoxen Landeskirchen gleichgestellt. Die neue Kirche bezeichnete den Besuch des Ehrenoberhaupts der Weltorthodoxie als „historisch“. Laut einer im Ende Juni durchgeführten Umfrage bekennen sich knapp 73 Prozent der Ukrainer zum orthodoxen Christentum. 58 Prozent von ihnen gehören demnach der autokephalen Kirche an, 25 Prozent der moskautreuen Kirche. Weitere 12 Prozent erklärten sich für orthodox, ohne sich einer Konfession zuzuordnen.