Kohlberger erhebt Vorwurf gegen Woelki

Die Augsburger DPSG-Vorsitzende Viola Kohlberger kritisiert den Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki wegen eines Einschüchterungsversuches während der zweiten Synodalversammlung.
Die Augsburger DPSG-Vorsitzende Viola Kohlberger kritisiert den Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki: Eine persönlichen Begegnung mit ihm während der Zweiten Synodalversammlung hat sie als Einschüchterungsversuch empfunden. Auf ihrem Instagram-Account schildert Kohlberger in einem knapp zehnminütigem Beitrag, wie Woelki sie in am Ende einer Mittagspause abgefangen und zur Rede gestellt habe. Am Tag zuvor hatte Kohlberger sich in einem zweiminütigen Redebeitrag während der Versammlung auch kritisch zum Verbleib Woelkis im Amt geäußert.

Nach der Aussprache fand am Donnerstag ein Protestgebet auf der Zweiten Synodalversammlung statt. –Foto: Deutsche Bischofskonferenz / Maximilian von Lachner

Die Augsburger DPSG-Vorsitzende Viola Kohlberger kritisiert den Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki. Eine persönlichen Begegnung mit ihm während der Zweiten Synodalversammlung hat sie als Einschüchterungsversuch empfunden. Auf ihrem Instagram-Account schildert Kohlberger in einem knapp neunminütigem Beitrag, wie Woelki sie in am Ende einer Mittagspause abgefangen und zur Rede gestellt habe. Am Tag zuvor hatte Kohlberger sich in einem zweiminütigen Redebeitrag während der Versammlung auch kritisch zum Verbleib Woelkis im Amt geäußert.

Kohlberger: Woelki habe das System schützen wollen

In ihrem Redebeitrag während der Versammlung hatte Kohlberger Bezug auf die kürzlichen Personalentscheidungen von Papst Franziskus für das Erzbistum Köln genommen. Mehrere Bischöfe waren wegen ihres Umgangs mit früheren Missbrauchsfällen in die Kritik geraten. Juristische Gutachten entlasten Woelki zwar von diesem Vorwurf, der Papst bemängelte jedoch „große Fehler“ in der Kommunikation des Kardinals. Franziskus schickt den Erzbischof nun in eine mehrmonatige Auszeit, die Mitte Oktober beginnt. Woelki und die anderen Bischöfe dürfen jedoch ihre Ämter behalten.

Kohlberger erklärte in der Versammlung, dass Woelki und weitere Bischöfe „das System schützen wollen, dass sie die Kirche schützen wollen und dass sie nicht die Menschen im Blick haben“. Im späteren Gespräch habe der Kardinal gesagt, er habe keine Fehler gemacht und ihm sei nichts vorzuwerfen. „Im Nachhinein würde ich sagen, das war so ein wirkliches verbales Um-sich-Schlagen.“ Dabei habe Woelki sehr nah vor ihr gestanden und auf sie herabgeschaut. Nach dem Gespräch sei sie auf die Toilette gegangen „und da dann so ein bisschen zusammengeklappt“. Sie habe jedoch mit anderen über das Erlebte gesprochen – auch mit dem Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Georg Bätzing.

Kohlberger fühlt sich von Woelki unter Druck gesetzt

Die etwa fünfminütige Begegnung mit Woelki habe vor allem aus Vorhaltungen des Kölner Erzbischofs bestanden. Demnach habe Woelki gesagt, er habe keine Fehler begangen. Es liege „an Leuten wie mir“, so Kohlberger, dass „Menschen aus der Kirche austreten“. Woelki habe viel zu nahe vor ihr gestanden, was ihr sehr unangenehm gewesen sei. Woelki habe sie „immens unter Druck gesetzt“. Sie sei aber „sehr stolz“ auf sich, ihm dennoch gesagt zu haben, „dass er als Erzbischof zurücktreten solle“.

Das Gespräch endete nach Kohlbergers Worten sehr abrupt, weil Woelki sagte, wieder in die Versammlung zu müssen. Nachdem Woelki sie stehen ließ, sei sie „ein bisschen zusammengeklappt“. Sie habe dann das Gespräch mit anderen Synodalen gesucht. „Es fiel mir so schwer, wieder in diese Versammlung zu gehen“, sagte Kohlberger. „Ich habe auch mit Georg Bätzing geredet.“ Im Rückblick spricht Kohlberger von „Machtmissbrauch in der Synodalversammlung“. Es sei ein „Erfahrensbericht, der mir nicht leicht fällt“. 

„Es ist eine uralte innerkirchliche Strategie, Kritiker*innen in ‚Privatgesprächen‘ einzuschüchtern. Wer das nicht selbst erlebt hat, wird kaum ermessen, wie mutig sie ist, das öffentlich zu machen.“ 

„Was Viola Kohlberger schildert, ist nicht überraschend“, kommentierte unterdessen die Theologin Doris Reisinger auf Twitter den Vorgang in einer ersten Reaktion. „Es ist eine uralte innerkirchliche Strategie, Kritiker*innen in ‚Privatgesprächen‘ einzuschüchtern. Wer das nicht selbst erlebt hat, wird kaum ermessen, wie mutig sie ist, das öffentlich zu machen.“ Auch viele andere Kommentatoren warfen Woelki zumindest fehlende Sensibilität vor. Es gab aber auch Stimmen, die der Theologin eine Überempfindlichkeit vorwarfen und den Kardinal gegen Vorwürfe verteidigten.

Reisinger (ehemals Wagner) brachte als Betroffene sexuellen und geistlichen Missbrauchs ab 2014 das Thema vor allem als Buchautorin in die Öffentlichkeit, in dem sie von ihren Erfahrungen als ehemaliges Mitglied der Geistlichen Familie „Das Werk“ (FSO) berichtete.

Seither wirbt Reisinger auch in Interviews und Vorträgen vor Verantwortlichen und Seelsorgern um ein neues Bewusstsein für das Phänomen geistlichen Missbrauchs in der Kirche. Am vorigen Samstag ist Reisinger mit dem Preis der katholischen Reformbewegungen Österreichs geehrt worden. Die erstmals vergebene Auszeichnung „Trompete von Jericho“ würdige Menschen, „die gegen längst überholte kirchliche Regeln aufstehen“ und sich für Veränderung in der Kirche einsetzen, so die Initiatoren.

Woelki bekundet Bedauern

Am Mittwochmittag reagierte Kardinal Woelki auf Instagram direkt auf Kohlbergs Eintrag. Er  habes sie nach ihrem Statement auf dem Synodalen Weg angesprochen, „weil der synodale Weg von einem offenen Diskurs und Diskussion lebt“. Es sei ihm „somit ein wichtiges Anliegen, mich mit Ihnen über Ihre Kritikpunkte persönlich auszutauschen“, schreibt Woelki.

„Im Verlauf unseres persönlichen Gesprächs ist bei Ihnen offenbar der Eindruck entstanden, dass ich auf Ihre Person Druck ausüben wollte. Nichts lag mir ferner und das tut mir leid“, so der Kardinal weiter. Er sei „einfach fest davon überzeugt, dass es nur dann gelingt, gemeinsam Wege zu finden, wenn wir einen wertschätzenden, offenen Austausch suchen und im Gespräch bleiben“. In seinem Statement geht Woelki letzt nicht direkt auf den Ablauf und den Vorwurf von Machtmissbrauch ein.

„Wenn Rainer Maria Woelki seine Entschuldigung ernst gemeint hat, nehme ich sie an“, sagte die Theologin am Mittwochabend dem WDR. Persönlich am Telefon wäre es ihr noch lieber gewesen, berichtete der Sender weiter. Dennoch sei der schriftliche Kommentar schon mehr gewesen, als sie erwartet habe.

Präsidium will sich mit Angelegenheit befassen

„Das Präsidium des Synodalen Weges wird sich in seiner nächsten Sitzung mit der Angelegenheit befassen“, erklärte eine Sprecherin des Synodalen Weges auf Anfrage gegenüber Neues Ruhrwort. „Wir nehmen beides sehr ernst“, sagte sie bezogen sowohl auf das Instagram-Video Kohlbergers als auch auf Woelkis Antwort dort.

Kohlberger gehört zu den vom Zentralkomitee der deutschen Katholiken auf Vorschlag des Bundes der deutschen katholischen Jugend (BDKJ) benannten jungen Mitgliedern der Synodalversammlung. Die Theologin ist ehrenamtliche Diözesanvorsitzende der Deutschen Pfadfinderschaft Sankt Georg (DPSG) im Bistum Augsburg.