Auch der katholische Bischof Heinrich Timmerevers hat den mutmaßlich antisemitischen Vorfall um den jüdischen Musiker Gil Ofarim „zutiefst verurteilt“.
Leipzig/Dresden – Auch der katholische Bischof Heinrich Timmerevers hat den mutmaßlich antisemitischen Vorfall um den jüdischen Musiker Gil Ofarim „zutiefst verurteilt“. Das Oberhaupt des sächsischen Bistums Dresden-Meißen sagte am Mittwoch auf Anfrage: „Es braucht in unserer Gesellschaft ein respektvolles und wertschätzendes Miteinander von Menschen, unabhängig ihrer Religion oder Weltanschauung. Dieses Ziel muss Wirklichkeit werden. Dahinter dürfen wir keinen Schritt zurückweichen.“
Timmerevers versichert „uneingeschränkten Solidarität“
Timmerevers versicherte der jüdischen Community seiner „uneingeschränkten Solidarität“. Er betonte: „Wir werden nicht zulassen, dass Unbelehrbare und geistige Brandstifter mit ihrem Hass unsere Gesellschaft vergiften. Juden und Jüdinnen sollen ihren Glauben in unserem Land offen und ohne Angst leben.“
Ein über Soziale Medien verbreitetes Video von Ofarim hatte zu großer Empörung geführt. Darin sitzt der Musiker auf dem Bordstein vor dem Hotel und berichtet fassungslos, wie er vor der Rezeption zunächst in einer Schlange gestanden habe. Andere Gäste seien vorgezogen worden. Später sei er von einem Mitarbeiter des Hauses aufgefordert worden, seine Halskette mit dem Davidstern abzunehmen, um einchecken zu dürfen. In dem Video fragt Ofarim: „Wirklich?“ Und endet mit den Worten: „Deutschland 2021“.
Dder Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung, Felix Klein, forderte am Mittwoch in Berlin, jüdischem Leben mehr Aufmerksamkeit zu schenken und im Alltag Solidarität zu zeigen: „Es freut mich sehr, dass dies im Nachgang schon viele Menschen getan haben.“ Dass Ofarim den „inakzeptablen Vorgang“ öffentlich gemacht habe, sei gut und wichtig.
Vorfall löst unter europäischen Rabbinern Empörung aus
Ofarim sagte dem ARD-Magazin „Brisant“: „Dass es so hohe Wellen schlägt, hätte ich nicht gedacht. Ich bin gleichzeitig auch sehr dankbar, dass es nicht unterging und dass es die Gesellschaft mitkriegen kann. Ich hoffe, dass sich diesmal auch etwas ändern kann.“ Antisemitismus habe er als Sohn eines israelischen Vaters schon häufig erlebt. Ob er Anzeige gegen die Mitarbeiter des Hotels stelle, habe er noch nicht entschieden.
Auch unter europäischen Rabbinern löste der Vorfall Empörung aus. „Man ist sie leid, diese täglichen Angriffe auf Juden, ob verbal, non-verbal, tätlich oder digital“, erklärte der Generalsekretär der orthodox geprägten Konferenz der Europäischen Rabbiner (CER), Gady Gronich. „Jeder Vorfall ist einer zu viel und schadet letztlich auch dem Ruf Deutschlands und der Stadt Leipzig, ein internationaler weltoffener Standort und Gastgeber zu sein.“
Der jüngste Vorfall zeige erneut, dass etwa in Bildungseinrichtungen, Schulen und Medien mehr über jüdisches Leben und den Beitrag von Juden für die Gesellschaft vermittelt werden müsse, betonte Gronich. Es müsse verhindert werden, dass „Unwissenheit oder Angst vor dem Fremden nicht länger in Antisemitismus, Israel-Hass oder gar in Gewalt gegen hier lebende Jüdinnen und Juden umschlägt, die seit 1.700 Jahren ein selbstverständlicher Teil Deutschlands sind“.
Hotel beurlaubt Mitarbeiter
Das Hotel-Management in Leipzig beurlaubte laut einer Sprecherin zwei Mitarbeiter für die Dauer der Ermittlungen. Unterdessen berichtete der MDR unter Berufung auf Polizeiangaben, dass der von Ofarim beschuldigte Hotelmitarbeiter Anzeige wegen Verleumdung gestellt habe und den Vorfall mit dem Musiker deutlich abweichend von dessen Aussagen schildere. Der Hotelangestellte habe zudem eine Anzeige wegen Bedrohung aufgrund von Reaktionen in den Sozialen Netzwerken gestellt. In zahlreichen Reaktionen hatten Social-Media-Nutzer ihre Solidarität mit Ofarim bekundet. Am Dienstagabend gab es zudem vor dem Hotel eine Kundgebung mit nach Polizeiangaben etwa 400 Teilnehmern.