Theologe Kopp für differenzierte Sicht auf Drewermann

Der Rektor der Theologischen Fakultät Paderborn, Stefan Kopp, plädiert für eine differenzierte Sicht auf den Theologen und Psychoanalytiker Eugen Drewermann.

Eugen Drewermann in der katholischen Akademie „Die Wolfsburg“ –Foto: Oliver Müller | Bistum Essen

Der Rektor der Theologischen Fakultät Paderborn, Stefan Kopp, plädiert für eine differenzierte Sicht auf den Theologen und Psychoanalytiker Eugen Drewermann. Zwischen dem 81-jährigen Bestsellerautor und der katholischen Kirche stünden die Zeichen auf Versöhnung, sagte Kopp am Mittwoch im Interview der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA).

Vor 30 Jahren wurde Drewermann, der seit 1979 als Privatdozent für systematische Theologie an der Paderborner Fakultät lehrte, von Erzbischof Johannes Joachim Degenhardt die Lehrerlaubnis entzogen. Nach Ansicht der Bischöfe leugnete der Theologe zentrale Wahrheiten des katholischen Glaubens, etwa die Jungfrauengeburt oder dass Jesus die Sakramente eingesetzt habe. Heftige Debatten löste Drewermann auch mit seinem 1989 erschienenen Buch „Kleriker“ aus, in dem er „ekklesiogene Neurosen“ des Priester- und Mönchsstandes ausmachte. 2005, zu seinem 65. Geburtstag, trat Drewermann aus der Kirche aus. „Manche kirchen- und machtpolitischen Konstellationen haben sich verändert und man kann einander heute differenzierter wahrnehmen“, sagte der 36-jährige Kopp. Nicht umsonst gebe es etwa auch im Bürgerlichen Gesetzbuch eine Verjährungsfrist von 30 Jahren. „Manches hat sich in diesem Zeitraum erledigt, anderes kann neu bewertet werden.“

Gepräch mit Drewermann

Nach den Worten Kopps ist ihm im persönlichen Gespräch mit Drewermann noch klarer geworden, „wo er seine Standpunkte auch selbst nicht für kompatibel mit der kirchlichen Lehre hält, beziehungsweise wo diese längst über kirchliche Fragen hinausgehen“. Versöhnt-Sein miteinander heiße nicht einfach, jeden inhaltlichen Unterschied zu harmonisieren oder zu negieren. Eine starke Theologie und eine starke Kirche hielten auch eine große Bandbreite an Positionen aus und könnten davon nur profitieren.

Der Rektor ließ die Frage offen, ob es eine Rehabilitierung Drewermanns brauche. „Vielleicht ist der Begriff der Rehabilitierung zu hoch gegriffen oder auch zu pauschal, wenn es um eine lange und hochdiffizile Geschichte persönlicher und inhaltlicher Auseinandersetzungen geht.“ Vor allem brauche es eine Anerkennung von Einsichten – und auf beiden Seiten ein ehrliches Eingeständnis, wo man vielleicht falsch gelegen hat. „Das würde ich als notwendigen Lernprozess für die Kirche sehen und das gilt auch für uns als akademische Einrichtung: Wie haben wir uns damals verhalten? Was würden wir heute vielleicht anders sehen?“, so der Theologieprofessor. 2018 bezeichnete der Hildesheimer Bischof Heiner Wilmer Drewermann als „von der Kirche verkannten Propheten“. Ein Jahr später lud die Paderborner Fakultät Drewermann zu einem Vortrag an seine frühere Wirkungsstätte ein.

Zuletzt hatte der Essener Generalvikar Klaus Pfeffer im September 2021 dem Paderborner Theologen und Psychoanalytiker Eugen Drewermann seine Wertschätzung bekundet. „Es wurde höchste Zeit, dass wir Sie als Gast in unserem Bistum und der Akademie begrüßen dürfen“, sagte er bei einem Podium in der Akademie „Die Wolfsburg“ des Ruhrbistums. „Das freie Wort in der Kirche, eine offene Auseinandersetzung in Glaubensfragen“ sei früher oft schwierig gewesen. „Doch diese Zeiten gehen zu Ende“.

Essener Generalvikar bekundet Theologen Drewermann Wertschätzung