Kirchenrechtler: Änderung zu Beichtgeheimnis wäre problematisch

Mit Blick auf das Beichtgeheimnis könnten nach den Worten des Freiburger Kirchenrechtlers Georg Bier die Strafprozessordnung und die Zivilprozessordnung durchaus geändert werden.

–Symbolfoto: Michael Gaida/Pixabay

Mit Blick auf das Beichtgeheimnis könnten nach den Worten des Freiburger Kirchenrechtlers Georg Bier die Strafprozessordnung und die Zivilprozessordnung durchaus geändert werden. „Es ist natürlich fraglich, ob dazu der politische Wille bestände. Doch es können – etwa durch eine verstärkte gesellschaftliche Diskussion – in der Tat Umstände auftreten, die den politischen Druck da erhöhen“, sagte Bier im Interview des Portals katholisch.de (Freitag).

„Es bleibt dann aber das Problem, dass eine solche Änderung im Konflikt mit dem Vertrag zwischen Deutschland und dem Heiligen Stuhl steht, das wäre hochproblematisch. Diese Vereinbarung kann der Gesetzgeber nicht einseitig ändern. Doch selbst, wenn er sich über diese Bedenken hinwegsetzte, könnte er lediglich den Druck auf Geistliche erhöhen – etwa mit Geld- oder Gefängnisstrafen“, betonte der Experte. Allerdings wären Beichtväter wegen des kirchlichen Rechts demnach weiterhin verpflichtet, das Beichtgeheimnis zu wahren. Ein Priester stünde dann vor der Wahl, sich einer weltlichen oder kirchlichen Strafe auszusetzen, erklärte Bier. „Es ist nicht ausgemacht, dass sich ein Priester in einer solchen Situation dem Staat beugt, anstatt einfach zum Beispiel für eine Zeit ins Gefängnis zu gehen.“

Darüber hinaus würde das Staat-Kirche-Verhältnis belastet, vor allem mit der katholischen, aber auch mit der evangelischen Kirche. „Denn der Schutz der Seelsorge gilt für alle Geistlichen, der Staat behandelt die Religionen und Weltanschauungen hier in gleicher Weise. Da könnte es insgesamt zu Verwerfungen zwischen Staat und Religionen kommen“, sagte Bier. „Die katholische Kirche würde sicher darauf pochen, dass gegen das verbindliche Reichskonkordat verstoßen wird. Sie wird nämlich nicht bereit sein, für Geistliche in Ländern je nach säkularer Rechtssetzung Sonderregelungen zu erlassen.“ Die Unverletzlichkeit des Beichtgeheimnisses gelte überall, und eine Änderung dieser Regelung sei nicht abzusehen, sagte Bier. „Sie würde ihre Geistlichen dann wohl eher anweisen, Strafen des Staates in Kauf zu nehmen.“

Nachdem in Frankreich vor Kurzem das Ausmaß des Missbrauchsskandals in der katholischen Kirche bekannt wurde, fordern Kritiker dort eine Änderung des Beichtgeheimnisses. Es gilt seit dem 13. Jahrhundert für die gesamte römisch-katholische Kirche und verpflichtet den Beichtvater zum unbedingten Stillschweigen über das, was er durch eine Beichte erfahren hat. Rechtlich ist das Beichtgeheimnis sowohl im völkerrechtlich bindenden Konkordat zwischen Deutschland und dem Vatikan als auch in staatlichen Gesetzen abgesichert.

Sollte einem Priester bei der Beichte eine schwere Straftat oder die Gefahr einer Wiederholung mitgeteilt werden, habe er nicht sehr viele Möglichkeiten, sagte Bier. „Er kann niemanden einschalten, denn schon indirektes Handeln würde einen Bruch des Beichtgeheimnisses bedeuten.“ Die einzige Möglichkeit sei, den Beichtenden dazu zu bewegen, sein Tun zu stoppen und sich den Strafverfolgungsbehörden zu stellen. Falls nicht, könne der Priester die Absolution verweigern. „Aber das bleibt natürlich in einem theologischen Raum, das löst die Probleme mit Straftaten nicht.“