Der frühere Kurienkardinal Walter Kasper sieht die Beziehungen zwischen der katholischen Kirche in Deutschland und dem Vatikan als belastet an.
Freiburg – Der frühere Kurienkardinal Walter Kasper sieht die Beziehungen zwischen der katholischen Kirche in Deutschland und dem Vatikan als belastet an. Die „Fronten“ verhärteten sich zunehmend, es breite sich eine „Hermeneutik des Misstrauens“ aus, schreibt Kasper in einem Gastbeitrag für die Freiburger Zeitschrift „Herder Korrespondenz“ (November). „Man hört sich nicht mehr wirklich zu, und man versteht sich dann auch nicht mehr.“ Zugleich fehle es im Vatikan an deutschen Theologen und Priestern, die vermitteln könnten.
Kritisch sieht Kasper den Verlauf der Reformdebatten in Deutschland. In den vergangenen Jahren sei die Aufarbeitung des Missbrauchsskandals „verknüpft und geradezu verknotet“ mit einer innerkirchlichen Reformagenda, die teilweise an die „Grundlagen katholischer Identität“ rühre, so der frühere Präsident des vatikanischen Einheitsrats. „Vielen scheint es, Deutschland wolle aus dem orbis catholicus ausscheiden oder diesen nach der eigenen deutschen Facon gestalten“, so Kasper. Befürchtungen, wonach diese Spannungen zu einer Spaltung führen können, bezeichnet er aber als „Gespenst“.
Kasper argumentierte, die römische Universalkirche lebe aus den Ortskirchen in den einzelnen Staaten; und diese Ortskirchen „leben in und aus“ der Universalkirche, so der Kardinal. „Von ihr getrennt, sind sie wie abgestorbene Äste, nur am Stamm können sie grünen und blühen.“ Daher gelte es in den „kommenden Jahrzehnten“, die aktuellen Spannungen zu überwinden und für beide Seiten fruchtbar zu machen. Die katholische Kirche in Deutschland müsse ihren Platz in der Weltkirche wieder neu finden.