Ärzte werden offenbar immer häufiger von Impfgegnern attackiert. Als Grund werde bisweilen genannt, dass die betroffenen Ärzte gegen das Coronavirus impfen.
Frankfurt (KNA) Ärzte werden offenbar immer häufiger von Impfgegnern attackiert. Dies reiche von verleumderischen Bewertungen im Internet über Beschimpfungen per Telefon und E-Mail bis hin zu Morddrohungen, wie die „Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung“ berichtet. Als Grund werde bisweilen genannt, dass die betroffenen Ärzte gegen das Coronavirus impfen.
Attacken wie die gegenwärtigen seien vor wenigen Jahren noch undenkbar gewesen, sagte der Präsident der Bundesärztekammer, Klaus Reinhardt. „Das macht etwas mit einem.“ Er sehe die Entwicklung als Teil einer „Hysterisierung der Gesellschaft“, unter der nun das medizinische Personal in den Praxen leide. Auch der Vorsitzende des Deutschen Hausärzteverbandes, Ulrich Weigeldt, beklagte, dass gerade impfkritische Menschen Arztpraxen zunehmend als „Instrument der Politik“ wahrnähmen.
BKA: „Impfgegner oder Corona-Leugner“ seien „relevantes Risiko“
Das Bundeskriminalamt (BKA) schätzt „Impfgegner oder Corona-Leugner“ demnach als „relevantes Risiko“ im Zusammenhang mit Angriffen auf Impfzentren oder Arztpraxen ein. Für das „dort tätige Personal besteht die Gefahr, zumindest verbalen Anfeindungen bis hin zu Straftaten“ wie etwa Körperverletzung ausgesetzt zu sein, teilte das BKA der Zeitung mit.
Der Präsident der Ärztekammer Berlin, Peter Bobbert, sagte, ihn erreichten sehr viele Nachrichten von Ärzten, die um Hilfe bäten, weil sie Drohbriefe erhielten oder ihre Adressen in Sozialen Netzwerken gepostet würden, zusammen mit Ankündigungen wie „Wir kriegen dich“. Er rate dann zur Anzeige, so Bobbert. Er fürchte aber, dass weit mehr Ärzte betroffen sind, als sich bei ihm melden. Auch der Präsident der Sächsischen Landesärztekammer, Erik Bodendieck, sprach von einer „deutlichen Zunahme“ von Aggressivität, was ihn sehr beunruhige. Er selbst habe ebenfalls schon Nachrichten bekommen, man werde ihn anzeigen „bis hin zum Europäischen Gerichtshof“.
Forderungen nach Impfnachweis in Heimen und kostenlosen Tests
Berlin – Politiker, Ärzte und Kommunen haben angesichts steigender Corona-Fallzahlen eine Verschärfung von Corona-Maßnahmen etwa in Pflegeheimen oder bei Veranstaltungen rund um Weihnachten gefordert. Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt äußerte sich besorgt über Corona-Infektionen in Pflegeheimen und brachte eine Impfung als Zugangsvoraussetzung ins Gespräch. „Bewohnerinnen und Bewohner, Pflegekräfte und Besucherinnen und Besucher müssen regelmäßig getestet werden, auch die, die geimpft oder genesen sind“, sagte sie den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Sonntag). „Und wo das nicht reicht, sollten wir über die Notwendigkeit eines Impfnachweises diskutieren.“
Zugleich forderte sie eine Verschärfung der Corona-Regeln in Unternehmen und an Schulen. „Wir brauchen einen konsequenten Schutz am Arbeitsplatz – Tests müssen angeboten, aber auch angenommen werden“, sagte sie. „Angesichts der großen Zunahme von Infektionen bei Kindern und Jugendlichen ist es ein Fehler, bei hohen Infektionszahlen auf Masken im Unterricht zu verzichten.“
Ärzte-Kammer: Kostenübernahme für Corona-Bürgertests habe Impfunwillige nicht zu Impfung motiviert
Göring-Eckardt nannte die Corona-Situation dramatisch und rief zum Handeln auf. „Wir brauchen in den Ländern klare, verbindliche Regelungen für 2G im öffentlichen Leben“, sagte sie. Zudem forderte sie, schnell wieder kostenfreie Bürgertests zur Verfügung zu stellen. Ähnlich äußerte sich die Bundesärztekammer. Das Ende der Kostenübernahme für Corona-Bürgertests habe nicht dazu geführt, Impfunwillige zu einer Impfung zu motivieren, sagte Ärztepräsident Klaus Reinhardt den Zeitungen. Bund und Länder sollten den Mut aufbringen, diese Fehlentscheidung schnell und konsequent zu korrigieren. Gerade in der kalten Jahreszeit mit Freizeitaktivitäten in Innenräumen brauche man niedrigschwellige, kostenlose Testangebote, um die Weiterverbreitung des Virus zu bremsen.
Da das Virus auch von Geimpften verbreitet werden könne, forderte er zudem „eine funktionierende und flächendeckende Teststrategie für alle, also auch für Geimpfte“. In Regionen mit hohen Inzidenzen sollte etwa für Teilnehmer von risikoreichen Veranstaltungen wie Clubbesuchen zusätzlich zur 2-G-Regelung ein negativer Schnelltest Zutrittsvoraussetzung sein. Der Städte- und Gemeindebund sprach sich angesichts steigender Inzidenzen dafür aus, Weihnachtsmärkte und Karnevalsveranstaltungen nur für Geimpfte und Genesene zu öffnen. „Bei Weihnachtsmärkten oder auch Karnevalsveranstaltungen, die ja regelmäßig von privaten Veranstaltern durchgeführt werden, steht es diesen frei, von vorneherein auf 2G-Regeln zu setzen“, sagte Hauptgeschäftsführer Gerd Landsberg.
Er nannte es nachvollziehbar, wenn ein Bundesland mit hohen Inzidenzen und niedriger Impfquote wie Sachsen die 2G-Regel anordne. „Das kann eine Wirkung entfalten und wird hoffentlich manchen Zweifler dazu bewegen, sich doch noch impfen zu lassen.“ Er rief zudem zum Ausbau der Impfstrategien auf. „Dazu gehören beispielsweise mobile Impfteams für Seniorenheime oder für Menschen, die zuhause gepflegt werden“, sagte er.
Schönborn: Neue wissenschaftsbezogene Skepsis ist bestürzend
Der Wiener Kardinal Christoph Schönborn hat mit Blick auf Impfverweigerer und Coronaleugner eine „neue wissenschaftsbezogene Skepsis“ kritisiert. Diese sei ein bestürzendes Phänomen, das mit dem Vertrauensverlust in allen Bereichen – Politik, Kirche, Autoritäten – zu tun habe, sagte der Wiener Erzbischof am Samstag bei der Verleihung des Kardinal-Innitzer-Preises an 26 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler.
Die neue Skepsis zeige, wie weit der Spaltungsprozess in der Gesellschaft vorangeschritten sei. Der Vertrauensverlust sei eine zutiefst gefährliche Entwicklung. „Denn solide wissenschaftliche Forschung ist ein Pfeiler einer freien, demokratischen Gesellschaft“, betonte der Kardinal. Wichtig sei daher, dass sich die in der Forschung Tätigen „nicht verunsichern lassen durch Verschwörungstheoretiker und die Propheten des Untergangs“. Schönborn nannte als weitere Notwendigkeit zur Überwindung der Negativ-Stimmung „die persönliche Glaubwürdigkeit der Menschen in der Welt der Wissenschaft“. Denn der Einzelne erlebe es positiv, „dass eine Forscherpersönlichkeit Vertrauen vermittelt“.