Verbandschef attestiert Bischöfen kollektives Führungsversagen

Ein kollektives Führungsversagen attestiert der Unternehmensberater und Vorsitzende des Bundes Katholischer Unternehmer (BKU), Ulrich Hemel, der Führungsspitze der katholischen Kirche.
Düsseldorf – Ein kollektives Führungsversagen attestiert der Unternehmensberater und Vorsitzende des Bundes Katholischer Unternehmer (BKU), Ulrich Hemel, der Führungsspitze der katholischen Kirche. In einem am Sonntag verbreiteten Interview der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) forderte er in Düsseldorf eine externe Aufarbeitung des Missbrauchsskandals durch staatliche Stellen oder externe Gutachter. Innerkirchlich schlug er einen "Wahrheits- und Versöhnungsprozess mit den Opfern, mit den Tätern, mit den Verantwortlichen" nach dem Vorbild Südafrikas bei der Aufarbeitung der Apartheid vor.

Ulrich Hemel –Foto:| © Daniel Hemel

Ein kollektives Führungsversagen attestiert der Unternehmensberater und Vorsitzende des Bundes Katholischer Unternehmer (BKU), Ulrich Hemel, der Führungsspitze der katholischen Kirche. In einem am Sonntag verbreiteten Interview der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) forderte er in Düsseldorf eine externe Aufarbeitung des Missbrauchsskandals durch staatliche Stellen oder externe Gutachter. Innerkirchlich schlug er einen „Wahrheits- und Versöhnungsprozess mit den Opfern, mit den Tätern, mit den Verantwortlichen“ nach dem Vorbild Südafrikas bei der Aufarbeitung der Apartheid vor.

Hemel sagte, das Versagen reiche von Rom über die Deutsche Bischofskonferenz bis in die einzelnen Diözesen. Als „eklatantes Beispiel“ bezeichnete er die Aussage des Münchner Kardinals Reinhard Marx, er sei als Bischof zu allererst für die Verkündigung zuständig. Die administrativen Aufgaben müssten der Generalvikar und das Ordinariat erledigen. „Kardinal Marx übersieht dabei, dass die Verkündigung des Wortes Gottes immer durch Wort und Tat geschieht. Die Verantwortung für den Umgang mit Missbrauchstaten kann ein Bischof nicht einfach auf andere delegieren. Das ist Chefsache.“

Der BKU-Vorsitzende sprach von einem „problematischen Rollenverständnis“ und einer „in Führungsfragen unzureichenden Ausbildung für eine so zentrale Position“. Es gebe einen alten Grundsatz: Das Heil der Gläubigen ist das oberste Gesetz der Seelsorge. „Der Bischof muss sich mit den Sorgen und Nöten seiner Gläubigen identifizieren – und nicht in erster Linie Strukturen oder Machtverhältnisse aufrecht erhalten, die zur Flucht vor klarer Verantwortung beitragen.“ Das bedeute auch, dass ein Bischof klare Prioritäten setzen müsse.

„Wir brauchen eine Erneuerung der Kirche an Haupt und Gliedern. Bisher hat die Kirche die Perspektive der Opfer systematisch und in meinen Augen schuldhaft ausgeblendet“, erläuterte Hemel. „Notwendig ist jetzt ein klares Bekenntnis der Verantwortungsträger zu ihrer auch persönlichen Schuld beim Umgang mit den Fällen sexuellen Missbrauchs.“

Auf die Frage, ob ein Bischof auch zurücktreten können müsse, sagte der Unternehmensberater: „Dass so etwas möglich ist, hat Papst Benedikt XVI. ja selber gezeigt. Er hat offenbar gemerkt, dass er den vielfältigen Problemen nicht mehr gewachsen war und hat die Konsequenzen gezogen.“ Aus seiner Sicht sind Rücktritte aber eher ein allerletztes Mittel. „Denn so ein Amtsverzicht verändert ja keine Strukturen. Es braucht Reformen und nicht ein Mehr vom immer Gleichen.“

Hemel unterstützte die Forderungen des Zentralkomitees der deutschen Katholiken nach der Einführung einer Verwaltungsgerichtsbarkeit in der katholischen Kirche. „Das würde endlich zu mehr Rechtssicherheit führen und das Handeln kirchenamtlicher Stellen einer rechtlichen Überprüfung unterziehen.“ Die Betroffenen kirchlichen Handelns, gerade auch beim Thema sexueller Missbrauch, bräuchten mehr Rechte. Das gelte beispielsweise für die Durchsetzung von Ansprüchen auf Auskunft und Akteneinsicht oder bei der Abwehr von Verfahrensverschleppung.

kna