Der Münchner Kardinal Reinhard Marx will sich am Donnerstagvormittag ausführlich zum Thema Missbrauch in der katholischen Kirche äußern.
München – Der Münchner Kardinal Reinhard Marx will sich am Donnerstagvormittag ausführlich zum Thema Missbrauch in der katholischen Kirche äußern. In einem letzte Woche vorgestellten Gutachten warfen Anwälte allen Münchner Erzbischöfen seit 1945 vor, im Umgang mit Missbrauchsfällen versagt zu haben. Marx selbst habe vor allem das Thema seiner Verwaltung überlassen, anstatt es zur Chefsache zu machen.
Kritisch war auch vermerkt worden, dass der Kardinal trotz einer Einladung die 1.900 Seiten starke Untersuchung nicht selbst entgegengenommen hatte. Dies hatten seine Amtschefin Stephanie Herrmann und Generalvikar Christoph Klingan übernommen. In einer ersten Reaktion hatte Marx kurz nach Veröffentlichung des Gutachtens die Opfer um Entschuldigung gebeten. Für ihn selbst hätten die Begegnungen mit Betroffenen eine „Wende“ bewirkt. Die Geschädigten stünden nun im Mittelpunkt. Man werde anhand der Empfehlungen des aktuellen Gutachtens weitere Veränderungen beraten und umsetzen.
In einem offenen Brief forderte ihn ein Mitglied des Münchner Betroffenenbeirats dazu auf, die Verantwortung für die Schuld an den Verbrechen nicht länger anderen anzulasten. Marx hatte im vergangenen Jahr im Zusammenhang mit dem Thema Missbrauch seinen Rücktritt angeboten. Papst Franziskus hatte diesen aber abgelehnt. Zuvor bereits hatte Marx einen Großteil seines Privatvermögens in eine Stiftung für Betroffene sexuellen Missbrauchs in der Kirche eingebracht. In den vergangenen Tagen gab es bereits Reaktionen von wichtigen Kirchenmännern, die ebenfalls durch das Gutachten belastet werden, darunter der frühere Papst Benedikt XVI. und Kardinal Friedrich Wetter. Beide waren auch Erzbischöfe in München.
Zu den zentralen Empfehlungen der Kanzlei Westpfahl Spilker Wastl (WSW) zählt die Beteiligung betroffener Pfarrgemeinden an Aufklärung und Aufarbeitung von Missbrauchsfällen. Über den Wiedereinsatz von strafrechtlich auffällig gewordenen Priestern sollten unabhängige Gremien entscheiden.Aus verschiedenen Richtungen gibt es inzwischen auch den Ruf nach personellen Konsequenzen. Im Mittelpunkt dieser Forderungen steht Lorenz Wolf, der oberste Kirchenrichter der Erzdiözese. Der 66-jährige Geistliche leitet auch das Katholische Büro Bayern und ist Vorsitzender des BR-Rundfunkrats.