Franziskus begeht Jahrestag seiner Wahl in großer Sorge

Es ist auf den Tag genau neun Jahre her, dass Kardinal Bergoglio als neuer Papst die Loggia des Petersdoms betrat. Von seinem damaligen Lächeln war an diesem Sonntag allerdings nicht viel übrig.
Franziskus begeht Jahrestag seiner Wahl in großer Sorge Es ist auf den Tag genau neun Jahre her, dass Kardinal Bergoglio als neuer Papst die Loggia des Petersdoms betrat. Von seinem damaligen Lächeln war an diesem Sonntag allerdings nicht viel übrig.

Papst Franziskus –Archivfoto: © Palinchak | Dreamstime.com

Den neunten Jahrestag seiner Wahl zum Papst hatte Franziskus sich bestimmt anders vorgestellt. Sichtlich gedrückt erschien er am Sonntag am Fenster des Apostolischen Palastes zum Angelus-Gebet. Nach der üblichen Auslegung des Sonntagsevangeliums, bei der er Christen vor Lethargie und Glaubensmüdigkeit warnte, und dem Angelus-Gebet sprach er über den Krieg gegen die Ukraine. Mit seinen bisher schärfsten Formulierungen.

Franziskus nennt Krieg gegen die Ukraine „Barbarei“

Vor erstmals wieder mehreren Tausend Menschen auf dem Petersplatz sprach der Papst von „Barbarei“ und „inakzeptabler bewaffneter Aggression“, die „ganze Städte in Friedhöfe“ zu verwandeln drohe. Wen Franziskus meinte, war klar. Er brauchte „Putin“ oder „Russland“ nicht eigens zu nennen. Und will sich als Souverän des Heiligen Stuhls, der nach wie vor bereit ist zu vermitteln, auch an diplomatische Gepflogenheiten halten. Gleichwohl nutzte der Vatikan den englischen Twitter-Account des Papstes, um Franziskus‘ eindringlichen Appell auch auf Russisch zu twittern.

Doch die Aussichten, dass derzeit irgendjemand zwischen der russischen und ukrainischen Führung vermitteln könnte, sind gering. Ob der Vatikan irgendwie zum Zuge kommt, wenn Macron, Bennett und Erdogan gescheitert sind, ist mehr als fraglich. Auch wenn tags zuvor Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin ausdrücklich gewarnt hatte: Je länger und grausamer der Krieg wird, desto schwieriger wird es, ihn zu beenden.

Franziskus selber hatte dies bereits am zweiten Tag des Krieges versucht. Zunächst – so ist zu hören – wollte er Putin anrufen. Weil aber im Kreml niemand abnahm, versuchte Franziskus es beim russischen Vatikan-Botschafter. Auch dort verhallte der Anruf unbeantwortet. Also orderte das Kirchenoberhaupt  einen weißen Fiat 500 und machte sich persönlich auf zur Botschaft, wenige hundert Meter östlich des Petersplatzes an der Via della Conciliazione.

Folgen für die Ökumene

Eine gute halbe Stunde lang sprach er dort mit Moskaus Botschafter Alexander Awdejew und brachte „seine Sorge über den Krieg zum Ausdruck“. In Kiew jedoch wurde der Telefonhörer abgenommen, als Franziskus mit Präsident Wolodymyr Selenskyj sprechen wollte. Neben der Sorge um den Krieg selbst dürften auch dessen Folgen für die Ökumene päpstliche Kopfschmerzen bereiten. Dass etwa eine russisch-orthodoxe Gemeinde in Amsterdam aus Protest gegen die Haltung des Moskauer Patriarchen Kyrll I. sich von diesem abkehrt und dem Ökumenischen Patriarchat von Konstantinopel unterstellen will, wird innerorthodoxe Spannungen weiter erhöhen.

Schon vorher gab es zwischen Kyrill und dem Ökumenischen Patriarchen Bartholomaios Ärger wegen der orthodoxen Kirche in der Ukraine. Für den Sommer, so hieß es bis vor kurzem, war ein zweites Treffen zwischen Kyrill und Franziskus geplant. Wegen Kyrills Putin-höriger Haltung und Äußerungen zum Ukraine-Krieg dürfte eine solche Begegnung in weitere Ferne gerückt sein. Bleibt als weiterer Wermutstropfen zum päpstlichen Amtsjubiläum die angeschlagene Gesundheit Jorge Bergoglios. Im Februar hatte er Außentermine in Florenz und Rom absagen müssen – wegen Kniebeschwerden. Den Gedenkgottesdienst für fünf wichtige katholische Heilige am Samstag in der Jesuitenkirche „Il Gesu“ feierte der Papst zwar mit, aber fast nur sitzend.

Geleitet wurde die Messe zur Erinnerung an die vor 400 Jahren erfolgten Heiligsprechungen von Ignatius von Loyola, Franz Xaver, Teresa von Avila, Isidor von Madrid und Philipp Neri vom Generaloberen der Jesuiten, Arturo Sosa. Der Papst saß auf einem Stuhl im Altarraum; lediglich zur Predigt erhob er sich und ging etwas mühselig zum Ambo. Normalerweise hält der Leiter einer Eucharistiefeier die Predigt. Aber unter Franziskus ist bekanntlich manches anders.

Noch nicht amtsmüde

Trotz schmerzendem Knie und Ischias sowie der Sorge um den Krieg ist der 85-Jährige jedoch nicht amtsmüde. Er habe weitere Reformprojekte im Ärmel, kündigte Franziskus am Samstag vor vatikanischen Richtern und anderen Juristen an. Sie würden deswegen noch einiges an Arbeit bekommen, ließ er durchblicken. Am Sonntagmittag, ganz am Ende seiner Ansprache mit dem Friedensappell, hellte sich Franziskus‘ Gesicht ein bisschen auf. Als er, wie seit seiner Wahl an jenem 13. März 2013 üblich, die Menschen bat: „Und bitte vergesst nicht, für mich zu beten.“ Das ist ihm wichtig. Darauf setzt Franziskus.

Von Roland Juchem (KNA)