Ex-Bundestagspräsident Thierse kritisiert Friedensbewegung

Der ehemalige Bundestagspräsident Wolfgang Thierse (SPD) hat die Friedensbewegung angesichts des russischen Angriffs auf die Ukraine zum Umdenken aufgefordert.
Berlin – Der ehemalige Bundestagspräsident Wolfgang Thierse (SPD) hat die Friedensbewegung angesichts des russischen Angriffs auf die Ukraine zum Umdenken aufgefordert. "Die Friedensbewegung wird nur glaubwürdig bleiben, wenn sie sich der bitteren Tatsache stellt, dass es die Schwäche und Uneinigkeit des Westens einerseits sowie die Schutz- und Wehrlosigkeit der Ukraine andererseits waren, die Putin als Aggressionsermunterung missverstehen konnte, ja musste", sagte er dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (Mittwoch). "Dieser bitteren Tatsache darf man nicht mehr ausweichen. Wir brauchen eine selbstkritische Friedenspolitik."

Wolfgang Thierse –Foto MarkwatersDreamstime.com

Der ehemalige Bundestagspräsident Wolfgang Thierse (SPD) hat die Friedensbewegung angesichts des russischen Angriffs auf die Ukraine zum Umdenken aufgefordert. „Die Friedensbewegung wird nur glaubwürdig bleiben, wenn sie sich der bitteren Tatsache stellt, dass es die Schwäche und Uneinigkeit des Westens einerseits sowie die Schutz- und Wehrlosigkeit der Ukraine andererseits waren, die Putin als Aggressionsermunterung missverstehen konnte, ja musste“, sagte er dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (Mittwoch). „Dieser bitteren Tatsache darf man nicht mehr ausweichen. Wir brauchen eine selbstkritische Friedenspolitik.“

Thierse: „Ein Pazifismus auf Kosten anderer“

Mit Blick auf anderslautende Äußerungen etwa der früheren Ratsvorsitzenden der Evangelischen Kirche in Deutschland, Margot Käßmann, fügte Thierse hinzu: „Mir scheint, das ist ein Pazifismus auf Kosten anderer.“ Käßmann hatte unter anderem Waffenlieferungen für die Ukraine und das geplante Sondervermögen für die Bundeswehr von 100 Milliarden Euro infrage gestellt. Auch habe er bei Berliner Friedensdemonstrationen unter anderem alte Losungen gesehen wie „Soldaten sind Mörder“, „Stell Dir vor, es ist Krieg, und keiner geht hin“ und „Frieden schaffen ohne Waffen“. „Sie kommen mir wie aus der Zeit gefallen und gedankenlos vor“, so Thierse. „Auf Ukrainer müssen sie geradezu zynisch wirken.“

Der Sozialdemokrat betonte unter Verweis auf die 1970er- und 80er-Jahre: „Die Entspannungspolitik, die ich nach wie vor für eine Erfolgsgeschichte halte, hatte zwei Voraussetzungen: die militärische Stärke des Westens, das Abschreckungspotenzial der USA und die Bereitschaft der Sowjetunion, sich auf Verhandlungen und Kooperation einzulassen, weil sie unter Leonid Breschnew eine defensive Macht geworden war, die den eigenen Machtbereich bewahren und verteidigen wollte. Beide Voraussetzungen sind nicht mehr gegeben. Der Westen wirkte nach dem Afghanistan-Desaster schwach, und die USA galten nicht mehr als globale Ordnungsmacht. Russland wiederum ist eine aggressive Macht geworden. Das hat man in den letzten Jahren sehen können, aber nicht sehen wollen.“

kna

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