Das krisengeschüttelte Erzbistum Köln blickt auf ein turbulentes Wochenende zurück. Erstmals nach seiner rund fünfmonatigen Auszeit traf sich Erzbischof Rainer Maria Woelki wieder mit seinem wichtigsten Beratungsgremium und sorgte dabei mit seinen Äußerungen für Irritationen.
Köln/Düsseldorf – Das krisengeschüttelte Erzbistum Köln blickt auf ein turbulentes Wochenende zurück. Erstmals nach seiner rund fünfmonatigen Auszeit traf sich Erzbischof Rainer Maria Woelki wieder mit seinem wichtigsten Beratungsgremium, dem Diözesanpastoralrat (DPR), in Düsseldorf.
Forderung Veränderung gemeinsam zu entwickeln
Wie die Erzdiözese mitteilte, hat der Kardinal nach Einschätzung von Teilnehmern zwar „eigene rote Linien überschritten“. Zugleich seien aber beim Rückblick auf die Auszeit und angesichts aktueller Themen gegensätzliche Ansichten deutlich zur Sprache gekommen. Demnach fehle es an notwendigen Konkretisierungen, „die Kongruenz zwischen Denken und Handeln sei noch nicht erreicht“. Zudem sei es wünschenswert, „Veränderungen gemeinsam zu entwickeln, statt sie nur von oben herab anzuhören.“
Zu Beginn des Treffens hatte Woelki den rund 60 Teilnehmern und der Öffentlichkeit mitgeteilt, dass sein Generalvikar Markus Hofmann (54) im Sommer sein Amt abgibt. Der Wechsel an der Verwaltungsspitze des Erzbistums wurde mit Unklarheiten im Stiftungsbereich und einer notwendigen Umorganisation der Verwaltung begründet, die künftig in die Geschäftsbereiche Seelsorge, Finanzen und Verwaltung aufgegliedert werden solle. Zudem solle ein Verwaltungsexperte als Amtschef eingeführt werden. „Beide Maßnahmen entlasten das Amt des Generalvikars“, so der Erzbischof. Hofmann erklärte, er sei Theologe und kein Wirtschafts- oder Verwaltungsfachmann.
Finanzdesaster bahnt sich an
Zugleich bahnt sich für Woelki ein Finanzdesaster an. Laut Erzbistum wurde bei einem verwaltungsmäßigen Routinevorgang im Stiftungsbereich eine „vertragliche Regelung ungewöhnlichen Inhalts“ bekannt. Diese entfalte für das Erzbistum und die Stiftung „eine erhebliche und langfristige wirtschaftliche Bindungswirkung“ und sei „bisher bei keiner der Körperschaften bilanziert. Während das Erzbistum in seinen Angaben vage blieb, geht es hierbei offenbar um die „Stiftung zur Förderung von Bildung, Wissenschaft und Forschung im Erzbistum Köln“. Sie wurde gegründet, um Anfang 2020 die Trägerschaft der Kölner Hochschule für Katholische Theologie (KHKT) zu übernehmen und die Finanzierung der Einrichtung zu sichern.
Ausdrücklich sollten dafür keine Kirchensteuermittel aufgewendet werden. Stattdessen solle die Stiftung durch Großspender und Fundraising eine „Finanzierung von außen“ sicherstellen. Langfristig ist von einem Bedarf von acht bis zehn Millionen Euro pro Jahr die Rede. Die Mittel zur Anschubfinanzierung wurden aus einem Fonds entnommen, über den der Erzbischof verfügen kann und aus dem auch die Zahlungen an Missbrauchsbetroffene erfolgen. Der Topf reicht laut KNA-Recherchen indes nicht aus.
Änderung des Kirchlichen Arbeitsrechtes?
Bei der Sitzung des Diözesanpastoralrats benannte Woelki den Angaben zufolge als wichtig auch die von der Bischofskonferenz angestrebten Änderungen im kirchlichen Arbeitsrecht sowie die Einführung von Wortgottesfeiern an Sonntagen mit Austeilung der Kommunion. Bislang hatte der Kardinal diese nicht erlaubt und auf Eucharistiefeiern bestanden. Beim Sakrament der Eucharistie wird nach katholischem Verständnis Christus durch eine Wandlung von Brot und Wein selbst gegenwärtig. Dieser Feier in Gedenken des letzten Abendmahls Jesu darf nur ein Priester oder Bischof vorstehen. Wortgottesfeiern können dagegen auch Laien leiten. Die Pläne sehen vor, das bei diesen Gottesdiensten auch zuvor geweihte Hostien ausgeteilt werden können.
Im Erzbistum Köln hat vor allem die Aufarbeitung von Missbrauchsfällen zu einer Vertrauenskrise geführt. Nach Absprache mit Papst Franziskus ging Woelki vergangenen Oktober in eine Auszeit. Bei seiner Rückkehr am Aschermittwoch wurde bekannt, dass er dem Papst seinen Rücktritt angeboten hat. Zugleich warb Woelki um einen Neuanfang und eine zweite Chance. Über das Rücktrittsgesuch muss Franziskus noch entscheiden.
Woelki sieht sich falsch wiedergegeben
Unterdessen sah sich Kardinal Woelki am Sonntag gezwungen, eine Meldung zu dementieren, wonach er Papst Franziskus während der Diözesanratsversammlung als „alt“ und „realitätsfern“ beschrieben habe. Dies hatten zahlreiche Medien unter Berufung auf die Nachrichtenagentur dpa am Samstag gemeldet. Der Sachverhalt sei „nicht richtig wiedergegeben worden“, sagte Woelki der Zeitung Die Tagespost. Er habe beim Austausch über seine viermonatige Auszeit nicht den Papst als realitätsfern beschrieben, sondern die Auffassung, mit der er in der römischen Bischofskongregation konfrontiert worden sei. Er habe die inhaltliche Begründung, die ihm dort für die Entscheidung benannt worden sei, für „realitätsfern“ gehalten.
In der Kongregation sei man davon ausgegangen, dass in Deutschland verstanden werden könnte, „dass ich meinen Weg in Stellvertretung für das politische Agieren in der Erzdiözese und in anderen kirchlichen Kontexten – Bischofskonferenz und Synodaler Weg – gehen sollte“. Wörtlich erklärte Woelki: „Ich habe in der Bischofskongregation gefragt, wer das verstehen solle – ich würde das für realitätsfern halten.“
Woelki: „Wollte mich nicht hinter diesem alten Mann verstecken“
Danach habe er über sein Gespräch mit Papst Franziskus im Februar 2021 gesprochen. Dieser habe ihm damals versichert, dass er voll und ganz hinter ihm stehe und Woelki dies auch öffentlich sagen könne. Woelki habe von dieser Zusage allerdings keinen Gebrauch gemacht, weil er Sorge gehabt habe, den Papst zu beschädigen. „Ich wollte mich nicht hinter diesem alten Mann verstecken, der wahrscheinlich die aufgeheizte Situation nicht richtig einzuschätzen vermochte.“
Woelki sagte, seine Äußerung sei „eine liebevoll gedachte Äußerung in dem Sinne, dass ich mich mit meinen Problemen und meiner Situation – trotz eigener Aufforderung des Papstes – hinter diesem verstecken wollte. Ich wollte ihn nicht noch zusätzlich belasten“.