Schewtschuk vergleicht Russlands Krieg mit Nazi-Deutschland

Nach ukrainischen Politikern beschuldigt auch ein ranghoher Kiewer Geistlicher Russland, in der umkämpften Hafenstadt Mariupol Tag und Nacht Leichen von getöteten Zivilisten in mobilen Krematorien zu verbrennen.

Swjatoslaw Schewtschuk. –Foto: Kirche in Not

Nach ukrainischen Politikern beschuldigt auch ein ranghoher Kiewer Geistlicher Russland, in der umkämpften Hafenstadt Mariupol Tag und Nacht Leichen von getöteten Zivilisten in mobilen Krematorien zu verbrennen. Europa habe Krematorien dieser Art in Stadtnähe „bloß im Zweiten Weltkrieg in Majdanek, Auschwitz und anderen bekannten nationalsozialistischen Konzentrationslagern gesehen“, sagte der griechisch-katholische Kiewer Großerzbischof Swjatoslaw Schewtschuk am Donnerstag in seiner täglichen Videoansprache zum Krieg. „Krematoriumsrauch steigt noch einmal von ukrainischem Boden in den Himmel“, fügte er hinzu.

Schewtschuk berief sich auf Angaben des Stadtrates von Mariupol, wonach Russland dort mit Hilfe von mobilen Krematorien alle Beweise für Verbrechen der eigenen Armee beseitige. Die Besatzungstruppen hätten die ostukrainische Stadt in ein „Vernichtungslager“ verwandelt, so Bürgermeister Wadym Bojtschenko am Mittwoch. „Das ist das neue Auschwitz und Majdanek.“

Das Kirchenoberhaupt sprach davon, dass Russlands Ideologie die Vernichtung des ukrainischen Volkes „nach dem Muster der Nazis“ zum Ziel habe. Moskau verfolge die „Ideologie der Endlösung“. Mit dem zynischen Begriff „Endlösung“ bezeichneten die deutschen Nationalsozialisten den systematischen Völkermord an den Juden. Bereits in seiner Videoansprache von Dienstag hatte Schewtschuk gesagt: „Lasst uns alles tun, um die neue mörderische Ideologie zu stoppen, die auf ukrainischem Boden ihre Früchte trägt, eine Ideologie, die vielleicht schlimmer ist als der Nationalsozialismus. Diese Ideologie wartet noch auf ihre Nürnberger Prozesse.“

Der Gesamtukrainische Rat der Kirchen und Religionsgemeinschaften forderte unterdessen alle Staaten der Welt auf, „den Völkermord am ukrainischen Volk während der russischen Invasion 2022“ anzuerkennen. Sie sollten zudem die Ideologie der „Russischen Welt“ verurteilen, weil sie den Völkermord und die Zerstörung eines ganzen Staates rechtfertige, hieß es in der Erklärung vom Mittwoch.

Schewtschuk wendet sich seit Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine am 24. Februar jeden Tag mit etwa fünf Minuten langen Ansprachen an die Gläubigen. Etwa neun Prozent der Ukrainer gehören der mit Rom verbundenen griechisch-katholischen Kirche an.

UN: Über 1.600 ukrainische Zivilisten getötet – 131 Kinder

In der Ukraine sind seit Kriegsbeginn laut bestätigten UN-Angaben mehr als 1.600 Zivilisten getötet worden, darunter 131 Kinder. Mindestens 2.200 Zivilisten wurden verletzt, wie das Büro der Menschenrechtskommissarin (Donnerstag) in Genf mitteilte. Es betonte aber zugleich, dass die tatsächliche Zahl der Opfer wesentlich höher liege. Aus besonders umkämpften Orten lägen keine Berichte vor; viele Angaben würden noch überprüft.

Die unsichere Datenlage betrifft demnach vor allem die von russischen Truppen weithin zerstörte Stadt Mariupol sowie Wolnowacha in der Region Donezk, Isjum in der Region Charkiw, Popasna in der Region Luhansk und Borodjanka nordwestlich der Hauptstadt Kiew. Aus diesen Städten gebe es noch ungeprüfte Nachrichten vieler ziviler Opfer. Die ukrainische Generalstaatsanwaltschaft gebe die Zahl der getöteten Kinder mit 167 und die der verletzten mit mindestens 297 an.

kna