Thomas de Maiziere sieht „massiven Relevanzverlust“ der Kirche

Der frühere Bundesminister Thomas de Maiziere (CDU) warnt davor, die Kirche auf einer „Abschiedstour“ zu sehen. 
Stuttgart – Der frühere Bundesminister Thomas de Maiziere (CDU) warnt davor, die Kirche auf einer "Abschiedstour" zu sehen. Auf einem Katholikentagspodium sagte er am Samstag in Stuttgart: "Wir können doch nicht sagen: Wir sind eine dem Untergang geweihte Organisation." Man müsse auch mal über Kirche reden können, ohne dass es sofort um Missbrauch und Zölibat gehe. "Die Reduktion auf solche Themen macht uns als Kirche kaputt und das dürfen wir uns nicht gefallen lassen", sagte der Präsident des Evangelischen Kirchentages in Nürnberg 2023.

Thomas de Maizière –Foto: Achim Pohl/Bistum Essen

Der frühere Bundesminister Thomas de Maiziere (CDU) warnt davor, die Kirche auf einer „Abschiedstour“ zu sehen. Auf einem Katholikentagspodium sagte er am Samstag in Stuttgart: „Wir können doch nicht sagen: Wir sind eine dem Untergang geweihte Organisation.“ Man müsse auch mal über Kirche reden können, ohne dass es sofort um Missbrauch und Zölibat gehe. „Die Reduktion auf solche Themen macht uns als Kirche kaputt und das dürfen wir uns nicht gefallen lassen“, sagte der Präsident des Evangelischen Kirchentages in Nürnberg 2023.

Der katholische Pastoraltheologe Matthias Sellmann widersprach dem vehement: „Wir sind nicht Opfer irgendwelcher Mächte, die uns zugrunde richten. Das machen wir gerade ganz alleine.“ Die Kirche stehe bei den Bürgerinnen und Bürgern in dem Ruf, eine diskriminierende Institution zu sein, in der man nicht sicher sei, und die eine Aufarbeitung ihrer Missstände nicht hinbekomme. Das treibe derzeit jährlich eine halbe Million Menschen aus den Kirchen hinaus. „Wir müssen jetzt erstmal unsere strukturellen Hausaufgaben machen.“

Der katholische Hildesheimer Bischof Heiner Wilmer sagte: „Wir sind in einer schweren Krise, da gibt es nichts zu beschönigen.“ Unumwunden räumte er ein: „Wir brauchen Veränderung, das gehört zu unserem Wesen. Auch Gott ist der sich Verändernde. Das lässt sich schon in der Bibel nachlesen.“ Man müsse den unterschiedlichen Geschwindigkeiten in der Weltkirche Rechnung tragen, aber dennoch würde er sich manchmal mehr Veränderung wünschen.

„Unser Maßstab ist der Dienst an den Menschen: Raus aus der Sakristei, hin zum Menschen“, so Wilmer. Mit Blick auf die gesellschaftliche Relevanz von Kirche führte er aus: „In einer zunehmend säkularen Welt können wir nur dann in der Gesellschaft als Stimme durchdringen, wenn wir als Kirchen zusammenstehen und gemeinsam sprechen.“

De Maiziere kritisierte, in der Kirche gebe es einen „massiven Relevanzverlust“ in außen- und sicherheitspolitischen Fragen. „Da ist in den vergangenen Jahren sehr viel Sachverstand verloren gegangen“, sagte er. „Die Friedensethik war auch ein schönes Etikett, sich aus dem Thema zu verabschieden: Ich bin für Frieden, du auch. Fertig.“ Das müsse sich wieder ändern, die Kirche müsse sich hier wieder kompetent einbringen können.

Dem stimmte FDP-Politikerin Linda Teuteberg zu: „Wenn wir ukrainische Flüchtlinge aufnehmen, kann das kein Ersatz für unsere Verantwortung in außen- und sicherheitspolitischen Fragen sein. So bequem dürfen wir es uns nicht machen.“ Die meisten Flüchtlinge aus der Ukraine wollten ohnehin wieder in ihre Heimat zurück. Wichtig sei, das eine zu tun und das andere nicht zu lassen.