Vier Tage nach der Vorstellung einer unabhängigen Studie zu sexuellem Missbrauch durch Kleriker im Bistum Münster will Bischof Felix Genn heute Stellung beziehen und über mögliche Konsequenzen informieren.
Münster – Vier Tage nach der Vorstellung einer unabhängigen Studie zu sexuellem Missbrauch durch Kleriker im Bistum Münster will Bischof Felix Genn heute Stellung beziehen und über mögliche Konsequenzen informieren. Genn hatte die Ergebnisse einer über zweijährigen Forschungsarbeit von Historikern und Soziologen der Uni Münster am Montag entgegengenommen.
In der Zeit von 1945 bis 2020 gab es nach Angaben des fünfköpfigen Forscherteams mindestens 196 Kleriker als Täter und 610 minderjährige Opfer von sexuellem Missbrauch. Damit sind 4,17 Prozent der Priester betroffen. Die Dunkelziffer aber ist erheblich höher. Die Forscher gehen von 5.000 bis 6.000 Opfern aus. Genn sagte dazu in einer ersten Reaktion, dass er persönliche und institutionelle Verantwortung übernehmen wolle: „Ich war und bin Teil des kirchlichen Systems, das sexuellen Missbrauch möglich gemacht hat.“
Das Bistum Münster teilte am Donnerstag mit, dass es in unmittelbarer Nähe der Gräber von ehemaligen Bischöfen an deren Verfehlungen im Zusammenhang mit Missbrauch erinnern wolle. Bis eine passende Form in Zusammenarbeit mit Missbrauchsbetroffenen gefunden sei, solle die Bischofsgruft im Münsteraner Dom geschlossen bleiben, sagte Bistumssprecher Stephan Kronenburg. Die dort beigesetzten drei Bischöfe „ließen sich von einer Haltung leiten, die den Schutz der Institution im Blick hatte, nicht aber die Betroffenen“, so Kronenburg. „Die Toten sollen ruhen, die Wahrheit aber muss ans Licht.“
Die Studie wirft den in der Gruft beigesetzten Bischöfen Michael Keller (Amtszeit: 1947-1961), Heinrich Tenhumberg (1969-1979) und Reinhard Lettmann vor, Fehler im Umgang mit Missbrauchsfällen gemacht zu haben. Beschuldigte und teils verurteilte Geistliche seien immer wieder versetzt und damit weitere Taten ermöglicht worden. Dem aktuellen Bischof Felix Genn bescheinigen die Studienautoren, in seinen ersten Jahren in Münster reuigen Tätern kirchenrechtlich nicht immer mit der gebotenen Strenge begegnet zu sein und erst später den Umgang mit Missbrauchsfällen verändert zu haben.