Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) vermisst nach eigenen Worten die Stimme der Kirchen in fundamentalen gesellschaftlichen Debatten.
München – Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) vermisst nach eigenen Worten die Stimme der Kirchen in fundamentalen gesellschaftlichen Debatten. „Sie ist leiser geworden“, sagte Söder am Dienstagabend beim Jahresempfang des Erzbistums München und Freising vor 500 geladenen Gästen. In den Diskussionen um neue Abtreibungsregelungen oder Suizidassistenz werde „die Stimme jedes Christen“ gebraucht.
Söder dankte den Kirchen dafür, dass sie auch scharfe Maßnahmen in der Corona-Pandemie „ohne Murren konstruktiv mitgetragen“ hätten. Dadurch seien allein in Bayern schätzungsweise mehr als 130.000 Menschenleben gerettet worden.
Söder empfiehlt Offensive statt Rückzug
Angesichts hoher Austrittszahlen empfahl der Ministerpräsident den Kirchen Offensive statt Rückzug. Ohne sie wäre „das Land ärmer“. Menschen suchten immer nach Orientierung, der Glaube sei „attraktiver denn je“. Statt sich mit Nebensächlichkeiten zu beschäftigen wie der, ob Gott mit Genderstern geschrieben werden müsse, gelte es neu die frohe Botschaft des Evangeliums zu vermitteln. Dabei dürfe man aber nicht ein gegenteiliges Gesicht zeigen.
„Ich glaube, wenn Jesus Christus heute zu uns kommen würde, würde er die Menschen begeistern wie ein Superstar“, zeigte sich Söder überzeugt. „Eine Begegnung mit Kirchengremien würde aber wohl beide Seiten schocken“, fügte der bekennende evangelische Christ hinzu.
Der Münchner Kardinal Reinhard Marx sagte, alle Religionen bräuchten einen Prozess der Reinigung und des Neuaufbruchs. Derzeit werde Religion politisch und ideologisch benutzt, etwa zur Rechtfertigung von Krieg, für nationale Abgrenzung, starke Gefühle. Es gehe darum, herauszufinden, wie eine Religion in einer modernen, aufgeklärten Gesellschaft aussehen könne.
Tremmel: Institution Kirche könne „toten Punkt“ überwinden
Für die katholische Kirche sagte Marx, sie müsse ein Zeichen der Einheit sein „für alle Menschen, nicht nur für uns Katholiken“. Bei ihrer Erneuerung gehe es weniger um Strukturen als um die Gottesfrage. Es gelte, die Botschaft Jesu vom Reich Gottes neu zu entdecken. So wolle das Erzbistum München und Freising alte und neue Orte entwickeln, „wo der Himmel offen ist, wo sich Himmel und Erde berühren“ und alle eingeladen seien, besonders die Mühseligen und Beladenen.
Der Vorsitzende des Münchner Diözesanrats, Hans Tremmel, sagte im Reformdialog Synodaler Weg müssten nicht „Sieg oder Niederlage“ für bestimmte Positionen das Ziel sein, sondern „die Überwindung der Lager“. Er habe allerdings bei den beiden bisherigen Synodalversammlungen in Frankfurt den Eindruck gewonnen, dass eine große Mehrheit unter den deutschen Bischöfen auch einschneidende Reformen wirklich wolle. EU und NATO hätten ihren „toten Punkt“ überwunden, warum sollte dies nicht auch der Institution Kirche gelingen, sagte Tremmel.