EKD: „Krisen“-Begriff überdenken

Der Kulturbeauftragte der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Johann Hinrich Claussen, hat für eine bewusstere Teilnahme am medialen und kulturellen Leben plädiert.

EKD: "Krisen"-Begriff überdenken

(Symbolfoto: Jens Albers | Bistum Essen)

Der Kulturbeauftragte der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Johann Hinrich Claussen, hat für eine bewusstere Teilnahme am medialen und kulturellen Leben plädiert. Momentan überkämen „so viele Krisen und Verunsicherungen zeitgleich“ die Menschen, „dass man den Kopf leicht verliert“, sagte Claussen im Interview des Deutschlandfunks (Montag).

Das Wort „Krise“ verliere inzwischen zunehmend seine Bedeutung. Es sei zu einem „diffusen Begriff für alles mögliche, was gerade schief läuft, aber auf Dauer gestellt ist“, geworden, so der Theologe. Dabei lägen in Krisen durchaus Chancen: Aus theologischer Sicht etwa könnten sie Momente der Neuorientierung sowie „der Buße und Besinnung“ sein. „Es ist auch eine Zeit, in der plötzlich Entscheidungen möglich sind“, die vorher so spontan nicht hätten getroffen werden können, beispielsweise die nun beschleunigte Suche nach Unabhängigkeit von fossilen Brennstoffen.

Er stelle derzeit einen „seltsamen Widerspruch“ in der Gesellschaft fest, so der Theologe: Einerseits sei man im beruflichen und privaten Leben zufrieden – „eine Grundzufriedenheit, aber wirklich nur, wenn man den engen, eigenen Kreis anschaut“. Darüber hinaus bestehe jedoch „totale Verunsicherung, Auflösung von bisherigen Gewissheiten, von alten Ordnungen, alten Mechanismen“. Es erfordert aus Claussens Sicht eine besondere Anstrengung, mit diesem Widerspruch umzugehen.

Der Theologe nahm dabei auch die Medien in die Pflicht. Themen in der medialen Berichterstattung würden vorzugsweise darauf abgeklopft, „ob Erregung darin ist“, kritisierte Claussen. Das führe dazu, dass manche Themen „hochgejagt“ würden, während andere wichtige Themen „hinten runter“ fielen.

Zugleich riet Claussen zu einer Wiederteilnahme am Kulturleben. Es habe sich gezeigt, dass die Menschen nach dem Lockdown „nicht auf Knopfdruck“ wieder in die Kirche oder zu Kulturveranstaltungen gekommen seien. Viele hätten es über die Pandemie „verlernt“, in die Kirche oder ins Theater zu gehen und sich an einen „negativen Zustand“ gewöhnt. Doch sei es wichtig, wieder am Kulturleben teilzunehmen, „weil wir dann aus uns selber heraustreten“ und Sorgen „mit anderen teilen und leichter machen können“. Das gelte für Kulturveranstaltungen, aber auch für Gottesdienste.

kna