Fachgremium: Antijüdische Plastik entfernen

Ein vom Gemeindekirchenrat einberufenes Expertengremium hat sich gegen den Verbleib einer antijüdischen Skulptur an der evangelischen Wittenberger Stadtkirche ausgesprochen.

Fachgremium: Antijüdische Plastik entfernen

Die Türme der Wittenberger Stadtkirche – Bild von falco auf Pixabay

Ein vom Gemeindekirchenrat einberufenes Expertengremium hat sich gegen den Verbleib einer antijüdischen Skulptur an der evangelischen Wittenberger Stadtkirche ausgesprochen. Wie das Gremium am Dienstag bekanntgab, empfiehlt es dem Gemeindekirchenrat, das als „Judensau“ bekannte Relief abnehmen zu lassen. Es solle „in enger räumlicher Nähe zur Kirche“ präsentiert werden. Zudem solle ein pädagogisches Konzept die Geschichte christlicher Judenfeindschaft beleuchten.

Das Gremium rät auch dazu, schon vor einer Abnahme der Skulptur eine Faltbroschüre dazu zu erarbeiten und einen neuen Erklärtext für die bereits bei der Kirche stehende Informationsstele anzubringen. Außerdem müsse die Dauerausstellung in der Stadtkirche neu konzipiert werden und auch über Antijudaismus und Antisemitismus informieren.

Nach Angaben des Gremiums behandelt der Gemeindekirchenrat Ende August die Empfehlungen. Entscheidend für weitere Schritte sei auch das Einverständnis des Denkmalschutzes sowie der Unesco, da die Wittenberger Reformationsstätten zum Weltkulturerbe gehören.

Die Skulptur ist in etwa vier Metern Höhe an der Außenwand der Kirche angebracht. Dargestellt ist eine als Rabbiner karikierte Figur, die den Schwanz eines Schweins anhebt und das im Judentum als unrein geltende Tier von hinten betrachtet. Zwei weitere als Juden gezeigte Figuren saugen an den Zitzen. Eine vierte Figur hält Ferkel von der Muttersau fern.

Gegen den Verbleib der Skulptur am bisherigen Ort hatte ein Mitglied der jüdischen Gemeinschaft geklagt. Nach mehreren Vorinstanzen entschied der Bundesgerichtshof (BGH) Mitte Juni, dass die Schmähplastik nicht entfernt werden muss. Durch eine Bodenplatte und einen Schrägaufsteller unterhalb des Reliefs sei das Schandmal in ein Mahnmal umgewandelt. Dennoch erklärte der Gemeindekirchenrat anschließend, die Wortmeldungen zu dem Fall zeigten, „dass eine deutlichere Distanzierung der Kirchengemeinde vom Antisemitismus der Plastik nötig ist“.

Dem vom Gemeindekirchenrat berufenen Beirat gehörten neun Vertreterinnen und Vertreter der evangelischen Kirche, des Judentums und des Landes Sachsen-Anhalt an. Unter ihnen waren der Kulturbeauftragte der Evangelischen Kirche in Deutschland, Johann Hinrich Claussen, und der Vorsitzende der Allgemeinen Rabbinerkonferenz, Andreas Nachama. In Europa gibt es geschätzte 50 weitere ähnliche Darstellungen an Kirchen.

kna