Die überwiegende Zahl der Pflegeeinrichtungen in Deutschland zahlt ab Donnerstag offenbar nach einem Tarif.
Berlin – Die überwiegende Zahl der Pflegeeinrichtungen in Deutschland zahlt ab Donnerstag offenbar nach einem Tarif. Inzwischen hätten rund 90 Prozent aller Altenpflege-Einrichtungen die von der Bundesregierung zum 1. September geforderte Rückmeldung zur Tariftreue abgegeben, teilte der Bundesverband der Allgemeinen Ortskrankenkassen (AOK) am Dienstag der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) mit. Zum Ende der Frist am 30. April waren es erst 78 Prozent gewesen.
Um die Attraktivität des Pflegeberufs zu steigern, wollte die Bundesregierung ursprünglich einen bundesweit verbindlichen Tarifvertrag in der Altenpflege durchsetzen. Nachdem dieses Vorhaben gescheitert war, machte noch die Regierung aus Union und SPD die Vorgabe, dass künftig nur noch diejenigen ambulanten und stationären Träger von Pflegeeinrichtungen mit der Pflegeversicherung abrechnen können, die ihre Angestellten tarifgebunden bezahlen.
Konkret müssen die Pflegeeinrichtungen künftig mit ihren Angestellten selbst einen Tarifvertrag aushandeln oder in Höhe eines vergleichbaren Tarifvertrags bezahlen. Alternativ können sie aber nach dem jeweiligen, regional üblichen Entlohnungsniveau zahlen. Wenn Einrichtungen diese Zulassungsvoraussetzung nicht erfüllen, kann dies ein Grund zur Kündigung des Versorgungsvertrags sein. Die Kündigungsfrist beläuft sich – so die gesetzliche Vorgabe – auf ein Jahr.
Die Tarifpflicht betrifft vor allem private Anbieter in der Altenpflege, von Pflegeheim-Ketten bis zu Familienunternehmen. Für die in der Branche wichtigen konfessionellen Träger wie Caritas und Diakonie spielt sie keine Rolle, weil sie bereits nach einem Tarif zahlen.
Wie ein Sprecher der AOK weiter mitteilte, rechnen die Experten für die kommenden Tage mit weiteren Nachmeldungen. Aus Sicht der AOK, die den Prozess stellvertretend für alle Pflegekassen begleitet, bedeutet dies für eine erhebliche Zahl von Pflegekräften in Deutschland ab September höhere Löhne. Dazu will die Kasse in den kommenden Wochen eine Auswertung starten.
Die AOK-Vorstandsvorsitzende Carola Reimann erklärte dazu, grundsätzlich unterstützten die Pflegekassen das Ziel einer angemessenen Bezahlung der Beschäftigten in der Pflege. Fest stehe allerdings, dass höhere Löhne auch zu höheren Kosten führen werden. „Es besteht die Gefahr, dass sie in Form höherer Eigenanteile auf die Pflegebedürftigen abgewälzt werden. Angesichts der dramatischen Finanzlage der Pflegeversicherung, die ohnehin mit dem Rücken zur Wand steht, sind daher dringend nachhaltige Finanzierungslösungen notwendig.“