Der Hamburger Historiker Jürgen Zimmerer warnt vor einer unkritischen Verklärung der verstorbenen Königin Elizabeth II.
Köln/Berlin – Der Hamburger Historiker Jürgen Zimmerer warnt vor einer unkritischen Verklärung der verstorbenen Königin Elizabeth II. Neben allen unbestreitbaren Verdiensten habe sie es versäumt, sich stärker vom Kolonialismus und den damit verbundenen Menschenrechtsverletzungen zu distanzieren, sagte er am Samstag im WDR: “Sie ist da unter ihren Möglichkeiten geblieben, und sie steht einfach für ein Großbritannien aus einer anderen Zeit.”
Die Königin habe nie ihre Stimme erhoben, “um diese Kolonialverbrechen als solche zu benennen”, ergänzte Zimmerer. Und da sie die Monarchin gewesen sei “genau im Übergang vom Empire zum Commonwealth und dann zum modernen Großbritannien”, hätte sie dies auch stärker reflektieren müssen: “Und das hat sie nicht gemacht.”
Aus Zimmerers Sicht wäre es ihre Aufgabe gewesen, die Menschenrechtsverletzungen der Kolonialzeit klar anzusprechen: “Das hat sie eben nicht getan, und das darf man bei einer Bilanzierung ihres Lebens auch benennen.” Sie habe sich – auch durch entsprechende Ordensverleihungen und Adelserhebungen – weiterhin als “Repräsentantin dieses imperialen Großbritanniens auch verstanden”.
Darüber hinaus habe die Queen auch finanziell von den Verbrechen der Kolonialzeit profitiert, kritisierte der Historiker weiter: “Sie hätte auch einmal als Oberhaupt der Windsors eine Reue ausdrücken können über das Blut, das an ihrem Vermögen klebt – zum Beispiel an den Kronjuwelen, die teilweise ja auch zusammengestohlen wurden.”
Auch im Berliner “Tagesspiegel” (Sonntag) warf Zimmerer der britischen Königsfamilie vor, sie habe “auch ganz persönlich vom Kolonialismus profitiert”. Wörtlich sagte der Kolonialismus-Experte: “Da geht es um Werte von Millionen Euro aus Ausbeutung.” Unter anderem sei “seit Jahrzehnten bekannt, dass in den Kronjuwelen Edelsteine aus kolonialen Raubzügen verarbeitet sind”.
Der Professor am Arbeitsbereich Globalgeschichte der Universität Hamburg warf der verstorbenen Monarchin vor, sie habe sich “nie kritisch zum britischen Kolonialismus geäußert”. Vor allem in Malaysia, Kenia und Ägypten habe die britische Herrschaft koloniale Verbrechen begangen, erklärte der Experte für Kolonialgeschichte und fügte hinzu: “Das alles ist in ihrer Amtszeit passiert.” Die Königin sei “entscheidend mitverantwortlich für die britische Politik” gewesen.