Inmitten der Vorweihnachtszeit ist in Mexiko ein juristischer Streit darüber entbrannt, ob in öffentlichen Gebäuden Weihnachtskrippen aufgestellt werden dürfen. Nun hat sich auch das Staatsoberhaupt eingeschaltet.
– Bischöfe warnen vor Verbot religiöser Symbole
Von Tobias Käufer (KNA)
Mexiko-Stadt (KNA) Sollen in Zukunft in Mexiko noch Weihnachtskrippen in öffentlichen Gebäuden stehen dürfen? Damit beschäftigt sich derzeit in dem nordamerikanischen Land das Oberste Gericht und zieht sich damit auch den Unmut des mexikanischen Präsidenten Andres Manuel Lopez Obrador zu.
Der Linkspolitiker wandte sich am Montag laut „El Universal“ während seiner täglichen Pressekonferenz gegen ein Verbot. Für solchen Dogmatismus gebe es keine gesetzliche Grundlage; eine Verbannung der Krippen würde zudem gegen die Religionsfreiheit verstoßen.
„Wem schadet das?“, fragte der Präsident und legte nach: Auch wer wenig über das Leben und Wirken von Jesus gehört habe, wisse, dass er für Gerechtigkeit gekämpft habe. „Die Mächtigen der Zeit verfolgten ihn, spionierten ihn aus, nannten ihn einen Unruhestifter und kreuzigten ihn dafür.“
Ein Verbot von Krippen bedeute, die Feier des Mannes zu verbieten, der am meisten für die Armen gekämpft habe. „Christus war ein sozialer Kämpfer“, sagte der Präsident. Lopez Obrador ging auch den höchsten Richter Juan Luis Gonzalez Alcantara direkt an und fragte mit Blick auf eine Abstimmung über Untersuchungshaft bei Steuervergehen vor wenigen Tagen: „Warum haben Sie für den Schutz von Steuerbetrügern gestimmt und warum wollen Sie jetzt etwas verbieten, das mit Religionsfreiheit, mit Glaubensfreiheit zu tun hat?“
Mitte November hatte der Oberste Gerichtshof ein Urteil über eine Klage gegen Krippendarstellungen in drei Rathäusern im Bundesstaat Yucatan erst einmal vertagt. Nach Ansicht des Beschwerdeführers Gonzalez Alcantara verstoßen sie gegen die Religionsfreiheit und gegen die Regeln des laizistischen Staates.
Die katholische Kirche und zahlreiche zivilgesellschaftliche Bündnisse hatten im Vorfeld gegen ein mögliches Verbot mobilisiert. Unmittelbar vor der Sitzung des Gerichts hatten kirchennahe Organisationen vor dem Haupteingang des Gerichts im Zentrum von Mexiko-Stadt demonstrativ eine Weihnachtskrippe aufgestellt; sie präsentierten Spruchbänder wie „Die Geburt Jesu ist der Grund, warum wir Weihnachten feiern“ oder „Wer will Christus auslöschen?“ An den obersten Richter Gonzalez Alcantara, der sich im Vorfeld für eine Verurteilung starkgemacht hatte, übergaben sie laut Bericht 40.000 Protestunterschriften.
Die Bischofskonferenz im stark laizistischen Mexiko hatte vor einem „großen Rückschritt für die Menschenrechte“ im Fall eines Urteils gegen Krippen und religiöse Symbole gewarnt. Rechte und Traditionen aller Gläubigen, unabhängig ihrer Religion, stünden damit auf dem Spiel, so Generalsekretär Ramon Castro. Selbst das Anbringen oder Mitführen eines Kreuzes oder Marienbildes könnte sonst künftig verboten werden.
Bischof Castro appellierte an die Richter, Mexikos Reichtum an religiösen Praktiken und Ausdrucksformen zu respektieren und zu wahren. Mit einem Verbot von Weihnachtskrippen werde versucht, „die Menschen ihrer intimsten und heiligsten religiösen Ausdrucksformen zu berauben“.
Mexiko ist mit einem Anteil von knapp 83 Prozent seiner rund 130 Millionen Einwohner nach Brasilien das Land mit der größten katholischen Bevölkerung weltweit. Die Verfassung des Staates und auch die politische Führungsschicht der einstigen spanischen Kolonie sind dennoch seit Mitte des 19. Jahrhunderts laizistisch geprägt.