Kiew – Kiews griechisch-katholischer Großerzbischof Swjatoslaw Schewtschuk hat nach eigenen Worten offen mit Papst Franziskus über ukrainische Kritik an ihm gesprochen.
Kiew – Kiews griechisch-katholischer Großerzbischof Swjatoslaw Schewtschuk hat nach eigenen Worten offen mit Papst Franziskus über ukrainische Kritik an ihm gesprochen. Er habe Franziskus Anfang November gefragt, ob er wisse, was man in der Ukraine über ihn sage, berichtete Schewtschuk in einem Interview. „Er fragte: ‚Was?‘ – Ich antwortete: ‚Dass Sie Dostojewski nicht richtig gelesen haben.'“
Franziskus hatte vor knapp einem Monat gesagt, er schätze das russische Volk und den russischen Humanismus. „Denken Sie nur an Dostojewski, der uns bis heute inspiriert, der Christen inspiriert, christlich zu denken“, so der Papst. Der russische Schriftsteller Fjodor Dostojewski (1821-1881) war Anhänger der orthodoxen Kirche. Kritiker werfen ihm antiwestliche Ressentiments vor.
Er habe dem Papst gesagt, so Schewtschuk, „dass mich das an gewisse romantische Vorstellungen von Deutschland vor dem Zweiten Weltkrieg erinnert“. Wenn jemand das Wort „Deutschland“ höre, stelle er sich die deutsche Philosophie des 19. Jahrhunderts vor. Doch die Nazis seien in Deutschland an die Macht gekommen; und dann wundere sich die ganze Welt, wie ein solches Volk mit einer so hohen Kultur Auschwitz geschaffen und den Holocaust begangen habe. „Das Gleiche geschieht leider auch in Russland“, so das Oberhaupt der ukrainischen griechisch-katholischen Kirche. Die ganze Welt sei heute Zeuge des Völkermords an den Ukrainern.
„Wir sehen diese Massengräber. Und der Papst konnte einfach nicht glauben, dass solche vermeintlichen Vorbilder des Humanismus solche Verbrechen begehen können“, so Schewtschuk. Er habe den Papst um „eine Geste, ein Wort des Trostes, des Mitgefühls“ gebeten: „Heiliger Vater, schreiben Sie einen Brief an die Ukrainer. Und er hat ihn geschrieben.“
In dem Brief betonte Franziskus Ende November angesichts des russischen Kriegs gegen die Ukraine: „Euer Schmerz ist mein Schmerz.“ Er wolle seine Tränen mit denen der ukrainischen Bevölkerung verbinden und ihr sagen, „dass es keinen Tag gibt, an dem ich euch nicht nahe bin und euch nicht in meinem Herzen und in meinem Gebet trage“.