Vergleichsvorschlag im Schmerzensgeld-Prozess

Im Schmerzensgeld-Prozess eines Missbrauchsbetroffenen gegen das Erzbistum Köln steht ein Vergleich im Raum.
Vergleichsvorschlag im Schmerzensgeld-Prozess

Bild von Sang Hyun Cho auf Pixabay

Im Schmerzensgeld-Prozess eines Missbrauchsbetroffenen gegen das Erzbistum Köln steht ein Vergleich im Raum. Der Vorsitzende Richter am Landgericht Köln, Stephan Singbartl, schlug am ersten Verhandlungstag am Dienstag einen unteren sechsstelligen Betrag vor, schloss jedoch höhere Zahlungen nicht aus. Der Betroffene hat bislang vom Erzbistum 25.000 Euro in Anerkennung des Leides erhalten. In seiner Klageschrift verlangt er 725.000 Euro Schmerzensgeld sowie 80.000 Euro für mögliche künftige Schäden.

Die Erzdiözese signalisierte Gesprächsbereitschaft. Dagegen bestand der Anwalt des Betroffenen, Eberhard Luetjohann, darauf, dass das Erzbistum per Vergleich den Gesamtstreitwert von 805.000 Euro akzeptiert und im Gegenzug auf ein Urteil verzichtet wird. „Dann geht das Erzbistum immer noch als Siegerin aus diesem Saal heraus“, so Luetjohann. Denn dann werde kein Präzedenzfall für andere Missbrauchsbetroffene geschaffen. Die „Täterorganisation“ müsse aber bestraft werden, „sonst hört es nicht auf“, sagte der Anwalt.

„Ich kämpfe sicherlich auch für viele andere Betroffene, die es dann nicht mehr so schwer haben wie ich“, sagte der Kläger nach der Verhandlung. „In jedem Fall kann ich davon ausgehen, dass das, was ich bekommen habe, nicht reicht.“

Mehr als 320 mal soll der Betroffene in den 1970er-Jahren von einem Priester missbraucht worden sein. Vorwürfe gegen den Geistlichen wurden dem Erzbistum Köln 1980 sowie 2010 bekannt – er konnte dennoch viele Jahre weiter als Seelsorger arbeiten. Der Kläger wirft der Erzdiözese daher Amtspflichtverletzung durch Unterlassen vor.

Dass eine Amtshaftung vorliegt, bestritt das Erzbistum in der Verhandlung nicht. Obwohl die Taten weit zurückliegen, hatte es am Montag seinen Antrag auf Verjährung zurückgenommen. Vor Gericht wurde dann deutlich, dass einige Argumente gegen die Verjährung gesprochen hätten. Sie wäre möglicherweise „treuwidrig“ gewesen, da es im vorliegenden Fall ein besonderes Vertrauensverhältnis und eine soziale Abhängigkeit gab.

Der Prozess könnte Vorbildcharakter für weitere Schmerzensgeldklagen gegen die katholische Kirche haben. Er hinterfragt zudem das kircheninterne System der freiwilligen Anerkennungszahlungen, das für Betroffene in der Regel höchstens 50.000 Euro vorsieht. Viele Missbrauchsbetroffene kritisieren dies als zu gering.

Der Betroffene hat nun bis Ende Januar für eine Stellungnahme Zeit. Wenn das Erzbistum darauf reagiert hat, entscheidet das Gericht, ob Beweise erhoben werden oder ob es eine weitere mündliche Verhandlung gibt.

kna