Nach Aussagen des Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, Georg Bätzing, ist eine zentrale Trauerfeier für Benedikt XVI. in Deutschland nicht geplant.
Limburg – Nach Aussagen des Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, Georg Bätzing, ist eine zentrale Trauerfeier für Benedikt XVI. in Deutschland nicht geplant. Es habe schon in vielen Gemeinden den Aufruf zu Gebeten gegeben, sagte Bätzing am Samstag vor Journalisten. Vielerorts hätten zudem um 12.00 Uhr die Glocken geläutet, in Gottesdiensten werde des Verstorbenen gedacht. „Ich glaube es ist da nicht sehr erheblich, ob es jetzt ein zentrales Requiem gibt oder viele Gebetszeiten.“
Kontakt mit der Nuntiatur in Berlin
Es habe schon im Vorfeld des Todes Kontakt mit der Nuntiatur in Berlin gegeben, erklärte der Limburger Bischof. Bei den Gesprächen sei deutlich geworden, dass es wichtig sei, „einen Unterschied zu machen, ob ein amtierender Papst stirbt oder ein Emeritus, der schon zehn Jahre sehr zurückgezogen gelebt hat“.
Bätzing: Haben uns nicht immer leicht mit Benedikt XVI. getan
Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Georg Bätzing, hat Benedikt XVI. als „klugen und erfahrenen Hirten“ gewürdigt. Gleichzeitig habe Benedikt während seiner Amtszeit insbesondere der katholischen Kirche in Deutschland „auch manchen Stolperstein in den Weg gelegt“, sagte der Limburger Bischof am Samstag vor Journalisten. „Nicht immer haben wir, seine Landsleute, uns leicht mit ihm getan.“
Der emeritierte Papst habe auch in einem gemischt-konfessionellen Land wie Deutschland stets auf die Punkte hingewiesen, „wo wir ehrlich sein müssen, wo wir bereit sein müssen, noch tiefer zu arbeiten, zu ergründen, miteinander unterwegs zu sein“. Benedikt XVI. sei mutig für das Evangelium eingetreten, „ob gelegen oder ungelegen“, so Bätzing weiter. „Deshalb konnte es nicht verwundern, dass manche seiner Reden auch Anstoß erregt haben.“
Ferner würdigte Bätzing das Engagement des Verstorbenen in der Missbrauchsaufarbeitung. Benedikt habe in seiner Amtszeit „die Schrecken des Missbrauchs in seiner ganzen Tiefe eigentlich erst wirklich an den Tag geholt“ und wie noch keiner vor ihm deutlich gemacht: „Jeder Missbrauch ist ein Verbrechen.“ Auf vielen seiner Auslandsreisen habe er als erster Papst überhaupt das Gespräch mit Betroffenen gesucht.
Versäumnisse im Umgang mit Missbrauchsfällen
Anlässlich der Veröffentlichung des Münchner Missbrauchsgutachtens, das ihm selbst aus seiner Zeit als Erzbischof von München und Freising Versäumnisse im Umgang mit Missbrauchsfällen attestierte, habe Benedikt persönlich die Betroffenen um Verzeihung gebeten, sagte Bätzing. „Es sind Fragen offen geblieben bis zuletzt. Aber mit diesen offenen Fragen müssen wir leben, können wir leben und er ist mit diesen Fragen in die Ewigkeit Gottes gegangen“, sagte der Limburger Bischof.
Die Zustimmung zum deutschen Papst habe sich seit dem Beginn seiner Amtszeit in seiner Heimat zwar verändert und relativiert, so Bätzing. „Aber jetzt haben wir einen von uns, der an diesem Tag gestorben ist.“ Der Bischof bat die Menschen in Deutschland „heute für unseren Landsmann Joseph Ratzinger, Papst Benedikt, zu beten“.
Benedikt XVI. starb am Samstagmorgen im Alter von 95 Jahren in seiner Wohnung im Vatikan. Er war von 2005 bis 2013 Oberhaupt der katholischen Kirche und damit der erste deutsche Papst seit 482 Jahren. Vor seiner Wahl war er gut 23 Jahre lang Leiter der Glaubenskongregation im Vatikan.
Dokumentation: Nachruf von Bischof Georg Bätzing auf Benedikt XVI. – „Ein demütiger Arbeiter im Weinberg des Herrn“
In einem ausführlichen Nachruf hat der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Limburgs Bischof Georg Bätzing, den am Samstag verstorbenen früheren Papst Benedikt XVI. gewürdigt.Die Katholische Nachrichten-Agentur (KNA) dokumentiert den Nachruf in Auszügen:
„Papst em. Benedikt XVI. ist tot. Wir trauern um einen großen Theologen, überzeugenden Priester und Bischof, einen Zeugen des Glaubens, der Hoffnung und der Liebe, um eine Persönlichkeit, deren Wort weltweit Aufmerksamkeit fand – auch bei Menschen anderer Religionen und Weltanschauungen.
Wir sind dem Verstorbenen dankbar für seinen aufopferungsvollen Dienst als Nachfolger Petri und – nach seinem Amtsverzicht am 28. Februar 2013 – als Beter für Kirche und Welt. Er selbst hat sich stets als Diener verstanden, als „demütiger Arbeiter im Weinberg des Herrn“, wie er unmittelbar nach seiner Wahl im Jahr 2005 formulierte.
In dieser Stunde der Trauer erinnern wir uns an seinen Brief vom 8. Februar 2022 anlässlich der Veröffentlichung des Münchener Gutachtens zu sexualisierter Gewalt in der katholischen Kirche. Die Betroffenen hat er um Vergebung gebeten und doch blieben Fragen offen, wenngleich Benedikt XVI. deutlich machte, dass sexualisierte Gewalt nicht zu entschuldigen ist.
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Papst Benedikt war Gelehrter und theologischer Lehrer aus Leidenschaft. Als junger Professor der Theologie hat er das Zweite Vatikanische Konzil miterlebt und mitgeprägt. Nachhaltig hat er die wissenschaftliche Theologie und den Weg der Kirche inspiriert. Stets war er bereit, sich der theologischen Diskussion zu stellen und jedem Rede und Antwort zu stehen, der ihn nach der Hoffnung fragte, die ihn erfüllte.
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In diesem Hirten der Kirche wirkte nicht allein intellektuelle Brillanz, sondern zugleich eine entschiedene Einfachheit, glauben zu wollen. Es war die Bereitschaft, immer aufs Neue zu staunen, das innere Auge stets weit geöffnet zu haben für das eigentlich unvorstellbare Geheimnis der Schöpfung, des Lebens, letztlich für das Geheimnis Gottes selbst.
Papst Benedikt war ein überzeugter und überzeugender Hirte der Kirche. Der Herr hat ihn in seinen Dienst berufen, ihm immer neue Aufgaben anvertraut und ihn dabei mit seinem Segen begleitet: als junger Priester, als Erzbischof von München und Freising, als Kardinal der Weltkirche und Präfekt der Kongregation für die Glaubenslehre und als Papst. Wir erinnern uns an sein zurückhaltendes Auftreten, das er am Tag seiner Wahl zum Bischof von Rom zeigte und das er beibehielt.
Für ihn stand nicht seine Person im Vordergrund, sondern das Hirtenamt, das er ganz und gar als Dienst für andere verstand. Standhaft und ohne zu zögern hat er so das Evangelium und sein am Lehramt und an der Tradition ausgerichtetes Glaubensverständnis verkündet – auch dann, wenn er mit Widerspruch, Ablehnung oder sogar Feindseligkeit rechnen musste. Er hielt der Kritik stand, blieb den Menschen zugewandt und verkündete unermüdlich das Wort Gottes.
In der unvergleichlichen Krise der Kirche, die durch das Bekanntwerden der Taten sexuellen Missbrauchs hervorgerufen wurde, drängte Papst Benedikt darauf, das Leid der Opfer wahrzunehmen, ihre Sicht ins Zentrum zu rücken, wenngleich seine Zeit als Erzbischof von München und Freising ein anderes Licht auf ihn wirft. Er ist in den Jahren seines Pontifikates an vielen Orten mit Opfern sexuellen Missbrauchs zusammengetroffen, auch bei uns in Deutschland. Tief haben ihn die menschlichen Abgründe und schrecklichen Taten erschüttert, die im Raum der Kirche möglich waren. In seinem Pontifikat ist insbesondere die Prävention maßgeblich entwickelt worden, die Grundlage für die notwendige Aufarbeitung weltweit ist. Ebenso hat er wie kein Papst zuvor die Verfahrensregeln im Umgang mit Missbrauchstätern für die Weltkirche präzisiert und entschieden umgesetzt.
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Unvergessen ist die Rede vor den Vereinten Nationen zur Freiheit und Verantwortung des Menschen. Papst Benedikt XVI. hatte für sich schon früh erkannt, woran die Menschheit krankt. Seine drei Enzykliken handeln deshalb von dem, was die Menschen dieser Zeit brauchen und wohin der Weg seiner Ansicht nach gehen soll: zu einer Welt, die geprägt ist von Gerechtigkeit, Solidarität und Frieden, in der der Einzelne im Mittelpunkt steht. Seinen Einsatz für die Religionsfreiheit verband er mit vielfältigen Bemühungen im interreligiösen Dialog: Bis heute reden Muslime von seinen versöhnenden Worten in der großen Moschee von Amman. Die jüdische Religionsgemeinschaft erkannte in Papst Benedikt einen wahren Freund. Das zeigte sich nicht zuletzt darin, dass er sich ganz in die Linie seines Vorgängers stellte und in der römischen Synagoge betonte: „Ihr seid unsere älteren Brüder.“
Gerade diesen Aspekt hat Papst Benedikt während seiner Reise in das Heilige Land 2009 deutlich gemacht. Israelis und Palästinenser forderte er zu einem konstruktiven und dauerhaften Einsatz für den Frieden auf. Er wies hin auf die gemeinsame Wurzel von Juden und Christen. In Tel Aviv und Jerusalem gedachte er der Opfer der Shoah und mahnte an, niemals wieder den Namen eines Menschen aus dem Gedächtnis tilgen zu wollen.
Wie kaum einem anderen war es ihm ein Anliegen, die Erinnerung an den Holocaust wachzuhalten und gegen das Vergessen aufzustehen. Niemals, so sagte er, dürfe die Shoah geleugnet werden. Es brauche die historische Erinnerung, um die menschenverachtenden und verbrecherischen Taten der Vergangenheit nicht mehr Teil der Zukunft werden zu lassen. Die Mahnung für die Zukunft hat uns Papst Benedikt unmissverständlich in Auschwitz mit auf den Weg gegeben: „Der Ort, an dem wir stehen, ist ein Ort des Gedächtnisses … Das Vergangene ist nie bloß vergangen. Es geht uns an und zeigt uns, welche Wege wir nicht gehen dürfen und welche wir suchen müssen.“
Bei all diesen Reisen und Begegnungen, trotz all der Mühen und weiten Wege, blieb Benedikt seiner deutschen Heimat auch als Papst tief verbunden. „Mein Herz schlägt bayerisch“, antwortete er auf die Frage eines Journalisten nach Heimweh. „Es ist so viel Erinnerung in meiner Seele, dass ich in den Landschaften der Erinnerung immer herumwandern kann, mich gar nicht so weit weg fühle.“ Er führte uns in dieser innigen Verbundenheit gleichsam vor Augen, dass jede Pilgerfahrt einen Ursprung, jeder Pilger eine Heimat hat, die unauslöschlich zu ihm gehört und ihn geprägt hat.
Dreimal durften wir Benedikt XVI. während seines Pontifikates in Deutschland begrüßen: Wir denken an den umjubelten neuen Papst auf seiner ersten Auslandsreise zum XX. Weltjugendtag nach Köln 2005, an die bewegende und bewegte Heimkehr auf seiner Bayernreise 2006 und an den offiziellen Besuch 2011. Während dieses letzten Besuches suchte er ausdrücklich die ökumenische Begegnung und Annäherung, fand wegweisende Worte vor dem Deutschen Bundestag und machte sich das Motto der Reise in den Gottesdiensten zu eigen: „Wo Gott ist, da ist Zukunft.“ Wie bei vielen anderen Gelegenheiten gab Benedikt XVI. auch auf dieser Reise dem ökumenischen Gespräch neue Impulse und Anregungen. Bei seinem Besuch im Augustinerkloster in Erfurt ließ Benedikt keinen Zweifel daran, dass es Martin Luther mit seiner immensen geistlichen Kraft um den Glauben und um einen Gott der Gnade, Barmherzigkeit und Liebe ging – und nicht etwa um die Spaltung der westlichen Christenheit.
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Papst Benedikt XVI. hatte eine beeindruckende Art, auf Menschen einzugehen und ihnen zuzuhören. Er war eine Persönlichkeit, die einen scharfen analytischen Verstand mit tiefer Frömmigkeit und Herzenswärme verband. Seine Kraft schöpfte er aus der Betrachtung der Heiligen Schrift und der Feier der heiligen Geheimnisse.
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Seine letzten Jahre hat er zurückgezogen gelebt. Seinen nachlassenden Kräften Tribut zollend, gab er, um die Kirche für die notwendigen Reformen handlungsfähig zu halten, in einem bemerkenswerten und von allen respektierten Schritt das Papstamt auf. Er trat die letzte Etappe seiner Pilgerreise an, um doch seiner Sendung für die Gesamtkirche treu zu bleiben: „Ich bin einfach ein Pilger, der nun die letzte Etappe seines Weges auf dieser Erde antritt. Aber ich möchte weiterhin, mit meinem Herzen, mit meiner Liebe, mit meinem Gebet, mit meinem Denken, mit allen meinen geistigen Kräften für das allgemeine Wohl, für das Wohl der Kirche und der Menschheit weiterarbeiten“, äußerte er in seiner letzten Ansprache als Pontifex am 28. Februar 2013.
Viele Gläubige und geistliche Hirten in Deutschland empfinden gegenüber Papst Benedikt tiefen Dank für seine theologischen Ansätze, sein pastorales Wirken und seine geistlichen Impulse. Sein Einsatz für das Reich Gottes ist beispielhaft und bleibt uns Vorbild.
Die Freude, die wir bei seiner Wahl empfanden, unsere Verbundenheit mit unserem Landsmann und unser Respekt vor seiner persönlichen Gradlinigkeit finden nun Ausdruck in unserer Trauer. Sein Vermächtnis wird weiterwirken: das Glaubensleben und das Kirchenbild von vielen Gläubigen hat er als Hirte beeinflusst, seine Theologie hat viele Schüler gefunden, die von ihm gebauten Brücken zu anderen Glaubensgemeinschaften bleiben bestehen.
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Überzeugt und gestärkt von der biblischen Botschaft hat unser verstorbener Papst Benedikt XVI. oft über die Auferstehung gesprochen und wusste ebenso darum, dass das irdische Leben immer unvollendet bleibt und nicht unserem Urteil unterliegt. In der Stunde der Trauer vermag ein Wort von ihm zu trösten und Hoffnung zu schenken: „Auferstehung bedeutet, dass Gott Macht in der Geschichte behalten, dass er sie nicht an die Naturgesetze abgetreten hat. Sie bedeutet, dass er nicht ohnmächtig geworden ist in der Welt der Materie und des materiell bestimmten Lebens. Sie bedeutet, dass das Gesetz aller Gesetze, das universale Gesetz des Todes, dennoch nicht die letzte Macht der Welt und ihr letztes Wort ist. Der Letzte ist und bleibt der, der auch der Erste ist.“ Möge Papst Benedikt XVI. Vollendung finden in Jesus Christus, der Anfang und Ende, Alpha und Omega, der Erste und der Letzte ist. In dieser Stunde des Abschieds bete ich für ihn und empfehle ihn der Barmherzigkeit Gottes.“