Der Hildesheimer Bischof Heiner Wilmer ist gegen einen Abriss der Sühnekirche in der Nähe des ehemaligen Konzentrationslagers Bergen-Belsen.
Freiburg/Bergen – Der katholische Hildesheimer Bischof Heiner Wilmer ist gegen einen Abriss der sanierungsbedürftigen und immer weniger genutzten Sühnekirche in der Nähe des ehemaligen Konzentrationslagers Bergen-Belsen. In einem Gastbeitrag für die Freiburger Herder Korrespondenz plädiert er dafür, neue Formen der Erinnerung an diesem Ort zu etablieren.
„Ein schlichter Abriss der Sühnekirche würde das falsche Signal in die Gesellschaft setzen, dass die Kirche mit der Geschichte des Nationalsozialismus fertig ist und wir einfach – manche würden sagen endlich – zur Tagesordnung übergehen können“, schreibt Wilmer. Stattdessen könne das Gotteshaus ein Ort der Begegnung, des gemeinsamen Nachdenkens und des Gebets dafür werden, dass die Gewalt nicht das letzte Wort hat.
Das Bistum Hildesheim berät seit einigen Monaten über den künftigen Umgang der „Sühnekirche vom kostbaren Blut“ in Bergen. Sie wurde 1961 als Mahn- und Gebetsstätte erbaut für die Zehntausenden Menschen, die auf dem Gelände des ehemaligen Lagers Bergen-Belsen ermordet wurden. Unter ihnen war auch das jüdische Kind Anne Frank. Sühne meint dabei, für das begangene Unrecht stellvertretend für die Täter eine Strafe oder Buße auf sich zu nehmen, etwa durch ein Gebet oder eine Wallfahrt.
„Das Charisma der Sühnekirche ist über die Jahre in die Krise gekommen“, führt Wilmer aus. Eine örtliche Sühnebruderschaft, der in den Sechziger- und Siebzigerjahren bis zu 600 Personen angehört hätten, habe sich schon vor Langem aufgelöst. Wallfahrten fänden kaum noch statt. Die Gemeinde vor Ort sei stark geschrumpft. Zudem sei der Bau mittlerweile sichtbar renovierungsbedürftig.
„Wir müssen die Frage beantworten, welche Bedeutung wir dem geistlichen Erbe der Sühnekirche beimessen und wie wir zukünftig damit umgehen wollen“, so der Bischof. Das scheinbar Unzeitgemäße und Sperrige der Rede von Sühne stelle dabei „eine produktive Herausforderung“ dar.
Das Bistum Hildesheim ist schon seit vielen Jahren auf Sparkurs. Zur Diözese gehören gut 550.000 Katholiken zwischen Harz und Nordsee, die dort in den meisten Gebieten eine Minderheit bilden. Seit dem Jahr 2000 wurden bereits über 60 Kirchen entwidmet und zugehörige Gebäudeensembles veräußert. Bis zum Jahr 2030 sollen weitere rund 700 Gebäude aufgegeben werden.