Orthodoxe Kirche der Ukraine steht vor Kalenderreform

Die eigenständige Orthodoxe Kirche der Ukraine (OKU) tendiert immer mehr zu einer Umstellung ihres Kalenders und will sich damit auch von der russisch-orthodoxen Kirche absetzen.

Die eigenständige Orthodoxe Kirche der Ukraine (OKU) tendiert immer mehr zu einer Umstellung ihres Kalenders und will sich damit auch von der russisch-orthodoxen Kirche absetzen. Entsprechende Schritte hat das Leitungsgremium, der Heilige Synod, am Donnerstag auf den Weg gebracht. Schon beim letzten Weihnachtsfest legten viele Gemeinden aus Protest gegen Russlands Angriffskrieg ihre Weihnachtsmessen vom 7. Januar auf den 25. Dezember vor, was die Kirchenleitung auch offiziell erlaubte.

Die russisch-orthodoxe, einige andere orthodoxe Kirchen und bisher auch die OKU richten sich nach dem alten Julianischen Kalender, der derzeit 13 Tage abweicht vom Neujulianischen Kalender, den inzwischen die Mehrheit der orthodoxen Landeskirchen befolgt. Er stimmt bis ins Jahr 2800 überein mit dem Gregorianischen Kalender. Dieser gilt international in den meisten Kirchen, auch in der römisch-katholischen.

Der Heilige Synod erlaubte am Donnerstag den Gemeinden und Klöstern die Abkehr vom bisherigen Julianischen Kalender, wenn jeweils mindestens zwei Drittel der Mitglieder den Neujulianischen Kalender befürworten. Eine Bischofsversammlung solle am 23. Mai abschließend über die Kalenderreform beraten, kündigte das Leitungsgremium aus zwölf Bischöfen an.

Das Gremium betonte zugleich, unnötige Eile und alleinige Entscheidungen von oben könnten „das Risiko der Spaltung“ erhöhen. Die Kalenderfrage dürfe weder Feindschaft schüren noch Teilung provozieren. Neben der OKU erwägt auch die mit Rom verbundene ukrainische griechisch-katholische Kirche eine Einführung des neuen Kalenders.

In der Ukraine gibt es zwei konkurrierende orthodoxe Kirchen. Die Regierung unterstützt die 2018 mit Hilfe des Ökumenischen Patriarchen von Konstantinopel, Bartholomaios I., gegründete Orthodoxe Kirche der Ukraine (OKU) und beschuldigt wiederum Geistliche der Ukrainisch-Orthodoxen Kirche (UOK) der Kollaboration mit Russland.

Stichwort: Christliche Kirchen in der Ukraine

Die kirchlichen Verhältnisse in der Ukraine sind komplex. Rund 70 Prozent der 45 Millionen Ukrainer bekennen sich zum orthodoxen Christentum. Sie gehören allerdings zwei verschiedenen Kirchen an: der Ukrainisch-Orthodoxen Kirche (UOK) des Moskauer Patriarchats und der autokephalen (eigenständigen) Orthodoxen Kirche der Ukraine (OKU). Zudem gibt es eine römisch-katholische Minderheit mit rund einer Million Mitgliedern sowie die mit Rom verbundene (unierte) griechisch-katholische Kirche der Ukraine. Sie ist die größte katholische Ostkirche mit nach Vatikan-Angaben weltweit rund 4,5 Millionen Christen.

Die eigenständige Orthodoxe Kirche der Ukraine (OKU) entstand erst 2018 aus dem 1992 gegründeten Kiewer Patriarchat und der 1921 ins Leben gerufenen Ukrainischen Autokephalen Orthodoxen Kirche. Nach Beginn des russischen Krieges in der Ostukraine 2014 war damals der Ruf nach einer von Russland unabhängigen orthodoxen Kirche lauter geworden. Ihr Oberhaupt ist der Kiewer Metropolit Epiphanius.

Die russisch-orthodoxe Kirche (Moskauer Patriarchat) betrachtet die Ukraine als ihr Stammland und lehnt eine kirchliche Unabhängigkeit (Autokephalie) für das südliche Nachbarland strikt ab. Auch viele andere orthodoxe Landeskirchen haben die neue eigenständige ukrainische Kirche bislang nicht offiziell anerkannt.

Die moskautreue Kirche verfügt in der Ukraine über deutlich mehr Gemeinden als die neue Kirche. Sie räumte aber zuletzt den Verlust von mehr als 100 Pfarreien an die Orthodoxe Kirche der Ukraine ein. Die Ukrainisch Orthodoxe Kirche des Moskauer Patriarchats (UOK) betont einerseits ihre traditionelle Einheit mit der russischen Orthodoxie; andererseits genießt sie eine weitreichende Autonomie. Sie gründet eigenständig Eparchien (Diözesen), wählt selbst ihre Bischöfe und ist finanziell unabhängig von Moskau.

Etwa jeder zehnte Einwohner der Ukraine ist griechisch-katholisch. Kirchenoberhaupt ist der Großerzbischof von Kiew-Halytsch, Swjatoslaw Schewtschuk (52). Hervorgegangen ist die griechisch-katholische Kirche aus der 1596 geschlossenen sogenannten Union von Brest – einer Stadt an der heutigen Westgrenze von Belarus. Damals unterstellten sich die orthodoxen Bischöfe des polnisch-litauischen Staates dem Papst in Rom, darunter auch Teile der Kiewer Metropolie.

Die Gottesdienste zelebrieren die ukrainischen Unierten im sogenannten byzantinischen, also ostkirchlichen Ritus. Wie mehrere orthodoxe Kirchen, etwa auch in Russland, feiern sie Weihnachten und Ostern bislang nach dem Julianischen Kalender. Doch sowohl die OKU als auch die ukrainische griechisch-katholische Kirche planen eine Kalenderreform hin zum Neujulianischen Kalender.

kna/rwm