Mit einem „Sofortprogramm Kita“ will Nordrhein-Westfalen die Personalnot in den Einrichtungen mildern. Verdi NRW kritisiert das Konzept.
Düsseldorf. Mit einem „Sofortprogramm Kita“ will Nordrhein-Westfalen die Personalnot in den Einrichtungen mildern. Das NRW-Familienministerium legte am Mittwoch das Konzept vor, das mit den kommunalen und freien Trägern abgestimmt sei. Die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi kritisiert das „Sofortprogramm“: „Mit den vorgelegten Maßnahmen findet keine Stabilisierung des Systems statt“, das vor dem Kollaps stünde.
„Mit dem ‚Sofortprogramm Kita’ ergreifen wir kurzfristig erste, notwendige Maßnahmen in dieser akuten Situation“, erklärt Familienministerin Josefine Paul (Grüne). „Der Fachkräftemangel ist gleichwohl eine der größten sozialen Herausforderungen der nächsten Jahre, weshalb das Sofortprogramm nur ein erster Schritt sein kann.“
Verdi: „System steht vor dem Kollaps“
Mit dem Ausbildungsjahr 2023 ab 1. August könnten laut Ministerium bis zu 900 Ausbildungsplätze in der Kindertagesbetreuung neu gefördert werden. „Zusammen mit der am 1. August 2022 begonnenen Förderung von rund 500 Plätzen werden in den Jahren 2023/24 insgesamt bis zu 1.400 Ausbildungsplätze gefördert“, meldet das Ministerium.“ Dafür stünden mehr als 20 Millionen Euro bereit. Ziel sei auch, den Quereinstieg zu erleichtern und unterschiedliche Zielgruppen für die Kita-Betreuung zu gewinnen – etwa Studierende aus pädagogischen Fachrichtungen oder Psychologen. Frauen mit eigener Einwanderungsgeschichte sollen als Integrationsbegleiterinnen einen Einstieg ins Berufsfeld bekommen.
Die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi NRW kritisiert das „Sofortprogramm Kita“. „Das System der frühkindlichen Bildung in NRW steht vor dem Kollaps“, sagt Andrea Becker, Landesfachbereichsleiterin von Verdi NRW, laut einer Pressemitteilung. „Mit den vorgelegten Maßnahmen findet keine Stabilisierung des Systems statt. Der Bildungs- und Qualitätsanspruch an die Kitas in Nordrhein-Westfalen wird schlicht weiter abgesenkt, was die Abwärtsspirale fortsetzen und die Abwanderung von Fachkräften beschleunigen wird.“
Verdi: Ausbildungskapazitäten konsequent ausgebaut
Verdi NRW fordert die Ausweitung der Finanzierung von Personal für nicht-pädagogische Aufgaben in den Kindertagesstätten, beispielsweise für hauswirtschaftliches Personal oder zur Unterstützung für Verwaltungstätigkeiten. Ausbildungskapazitäten müssten konsequent ausgebaut und die Ausbildung zum Erzieher oder zur Erzieherin müsste vergütet werden. Darüber hinaus müssten auch die Betreuungsschlüssel verbessert und die Gruppengröße reduziert werden, um das Arbeitsfeld für Fachkräfte attraktiv zu machen.
„Grundsätzlich brauchen wir ein Moratorium in der frühkindlichen Bildung“, erklärt Tjark Sauer, Verdi-Gewerkschaftssekretär für den Sozial- und Erziehungsdienst. Zunächst müsse das System der frühkindlichen Bildung stabilisiert werden und bundesweit ein Stufenplan entwickelt werden. Dies müsse Vorrang vor dem weiteren Ausbau oder zum Beispiel der Ausweitung von Öffnungszeiten haben.
Verdi: Vereinbarkeit von Familie und Beruf sicherstellen
Familien- und Arbeitsmarktpolitisch sei allerdings gleichzeitig dringend eine Debatte erforderlich, um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf für Erziehungsberechtigte sicherzustellen und den Anforderungen des Arbeitsmarkts gerecht zu werden. Das System der Kindertagesstätten werde diese Anforderungen unter den Bedingungen des Fachkräftemangels nicht mehr alleine sicherstellen können.