Im Missbrauchsprozess vor dem Saarbrücker Landgericht ging es am Mittwoch um die Sicht zweier prominenter Kirchenvertreter. Einem Priester wird sexuelle Nötigung vorgeworfen.
Saarbrücken (KNA) Im Prozess wegen sexueller Nötigung gegen einen Priester vor dem Landgericht Saarbrücken haben am Mittwoch zwei hochrangige Kirchenvertreter ausgesagt. Der Trierer Bischof Stephan Ackermann räumte Fehler im Umgang mit dem Fall ein. Das Bistum sei 2006 von der Staatsanwaltschaft zwar über Ermittlungen informiert worden, habe die Akte aber nicht angefordert. „Das war ein Fehler“, sagte der Bischof. Damals hatte eine andere Person Anschuldigungen wegen sexualisierter Gewalt erhoben. Das Bistum handelte zunächst nicht, der Priester wurde erst 2015 beurlaubt.
Als Grund für die Beurlaubung des Priesters gab Ackermann bei seiner Befragung an, der Mann habe sich nicht an Auflagen gehalten; er habe auch nicht an einer Präventionsschulung zu Missbrauch teilgenommen und sei trotz Verbotes weiter mit Jugendlichen in Urlaub gefahren. Deshalb sei er im April 2015 zunächst beurlaubt und dann in den Ruhestand versetzt worden. „Es war sozusagen eine Frage des Ungehorsams gegenüber dem Bischof und seinen Anweisungen“, sagte Ackermann. Er nannte weiter „pastorale und disziplinarische Schwierigkeiten“ in der Pfarrei zwischen dem Beschuldigten und dem ihm vorgesetzten Pfarrer.
Dem Angeklagten wird vorgeworfen, 1997 einen 14-Jährigen sexuell genötigt zu haben. Der mutmaßliche Betroffene und Nebenkläger ist ebenfalls Priester im Bistum Trier. Die Staatsanwaltschaft ermittelte in der Vergangenheit mehrfach aufgrund von Anschuldigungen wegen sexualisierter Gewalt gegen den Beschuldigten, stellte die Verfahren jedoch unter anderem wegen Verjährung ein.
Seit 2018 befasst sich auf Anordnung des Vatikans das Kirchengericht Köln mit dem Fall. Der Leiter des kirchlichen Strafverfahrens, der Kölner Vizeoffizial Thomas Weitz, wollte unter Ausschluss der Öffentlichkeit aussagen. Der Vorsitzende Richter legte ihm nahe, den Antrag zurückzustellen, was er dann auch tat. Zum kirchlichen Verfahren sagte Weitz, dass bis heute „manche Lücken“ blieben. Auf die Fragen des Gerichts ging Weitz zumeist abschweifend und wenig konkret ein.
Im kirchlichen Verfahren, das Anschuldigungen verschiedener Personen gegen den Priester einbezieht, wurde jetzt nach etwa vier Jahren die Beweisaufnahme geschlossen. Weitz sagte, das Ergebnis des staatlichen Verfahrens werde im kirchlichen Verfahren berücksichtigt. Allerdings könnten für das Ergebnis des kirchlichen Verfahrens andere Aspekte relevant sein. Weitz sprach von 1.300 Seiten Material in dem Fall.
Ackermann erfuhr von den Vorwürfen des Nebenklägers gegen den Beschuldigten nach eigenem Bekunden 2019. Der mutmaßliche Betroffene habe ihm die Anschuldigungen in einem persönlichen Gespräch mitgeteilt. Der Beschuldigte seinerseits habe Vorwürfe immer bestritten und von einer Verleumdungskampagne gesprochen.
Ackermann hatte dem Beschuldigten nach eigenen Angaben 2016 verboten, als Priester zu wirken. Im selben Jahr startete das Bistum demnach eine kirchenrechtliche Untersuchung wegen Vorwürfen sexualisierter Gewalt. Ackermannist nach dem Hamburger Erzbischof Stefan Heße der zweite Bischof, der in einem Strafverfahren wegen sexualisierter Gewalt vor Gericht aussagt. Die Verhandlung wird am Donnerstag fortgesetzt.