NDR stellt gefälschte Hitler-Tagebücher online

Rund 40 Jahre nach dem Medienskandal um die angeblichen Tagebücher von Adolf Hitler sind die 60 Bände erstmals öffentlich zugänglich.
NDR stellt gefälschte Hitler-Tagebücher online

Symbolbild von Pexels auf Pixabay

Rund 40 Jahre nach dem Medienskandal um die angeblichen Tagebücher von Adolf Hitler sind die 60 Bände aus der Feder des Fälschers Konrad Kujau erstmals öffentlich zugänglich. Der NDR wird sie ab dem heutigen Donnerstag (18.00 Uhr) auf seine Internetseite stellen. Versehen sind die Tagebücher mit einem wissenschaftlichen Kommentar des Berliner Politikwissenschaftlers Hajo Funke.

Ende April 1983 hatte das Magazin „Stern“ Auszüge aus den angeblichen Tagebüchern veröffentlicht. Reporter Gerd Heidemann hatte den Kontakt zu Kujau hergestellt. Die Geschichte des Dritten Reiches müsse teilweise umgeschrieben werden, hieß es damals. Nur kurze Zeit später entpuppte sich die vermeintliche Sensation als Luftnummer.

Die millionenschwere Blamage lieferte Helmut Dietl das Material für seine Komödie „Schtonk!“, die 1992 in die Kinos kam. RTL verfilmte den Stoff 2021 als Miniserie unter dem Titel „Faking Hitler“ mit Moritz Bleibtreu und Lars Eidinger in den Hauptrollen. Eine Inspiration für die Serie war der kurz vorher veröffentlichte Podcast „Faking Hitler“ mit Originaltelefonaten zwischen Reporter Heidemann und Fälscher Kujau.

Historiker Funke bezeichnete die Tagebücher als einen „Ausdruck von Holocaustleugnung“. Sie hätten Hitler von den schlimmsten Verbrechen der Nazis freisprechen wollen. Ähnlich äußerte sich die Historikerin Heike Görtemaker, die im wissenschaftlichen Beirat des NDR-Digitalisierungsprojekts saß. „Der fiktive Hitler hat mit nationalsozialistischen Gewaltverbrechen nichts zu tun. Er ist sogar derjenige, der versucht, andere seiner Parteigenossen im Zaum zu halten“, so Görtemaker. „Kujau erfindet hier eine positive Hitlerfigur.“

Laut den Recherchen des NDR war Kujau tiefer in ein neonazistisches Umfeld verstrickt als bislang bekannt. So habe Kujau bis in die frühen 80er Jahre hinein Kontakte zum Umfeld des Neonazi-Führers Michael Kühnen unterhalten, seinerzeit Leiter der später verbotenen Aktionsfront Nationaler Aktivisten (ANS). Kujau sei offenbar eng verbunden gewesen mit dem Pressesprecher Kühnens, Lothar Zaulich, mit dem er gemeinsam in den 70er Jahren Hitlerfälschungen verkaufte.

Wie der NDR weiter mitteilte, liegen der nun zugänglichen Onlinefassung Kopien der Tagebücher zugrunde. Die Originalbände befänden sich in einem Safe im Medienhaus Gruner + Jahr, das den „Stern“ herausgibt. Das Wochenmagazin selbst äußerte sich laut NDR auf Anfrage nicht zu den neuen Recherchen. Die Verantwortlichen betonten demnach lediglich, dass man die Originale der Tagebücher nie für die Öffentlichkeit freigegeben habe, um „Missbrauch zu verhindern“. Eine 2013 vom „Stern“ zugesagte Freigabe der Originale an das Bundesarchiv ist bis heute nicht erfolgt.

kna