Große Herausforderungen an die Justiz des Vatikanstaats hat der neue vatikanische Generalstaatsanwalt Alessandro Diddi (58) angekündigt.
Vatikanstadt – Große Herausforderungen an die Justiz des Vatikanstaats hat der neue vatikanische Generalstaatsanwalt Alessandro Diddi (58) angekündigt. Das zurückliegende Gerichtsjahr sei bereits ein besonderes gewesen, sagte Diddi, der seit einem halben Jahr im Amt ist. Er äußerte sich anlässlich der Eröffnung des neuen Gerichtsjahres in Anwesenheit des Papstes und des italienischen Justizministers im Vatikan.
Das vatikanische Gerichtsjahr 2022 war geprägt durch ein großes, bisher nicht abgeschlossenes Wirtschaftsstrafverfahren gegen frühere vatikanische Funktionäre im Bereich Finanzen. Der Staatsanwalt kündigte an, auch die künftige Arbeit werde „mit Nüchternheit und Diskretion“ erledigt werden und Beeinflussungen durch Vorurteile und die Medien zu vermeiden suchen.
Weiter sagte Diddi: „Neue, nicht weniger delikate Herausforderungen als die bisherigen zeichnen sich am Horizont ab.“ Die wachsende Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit mache den Akteuren der vatikanischen Justiz bewusst, wie groß die ihnen anvertraute Verantwortung sei. Sie müssten ihre Aufgaben sehr gewissenhaft und unter Beachtung der Rechte der Angeklagten erfüllen.
An den den bei der Zeremonie anwesenden italienischen Justizminister Carlo Nordio gewandt sagte Diddi, es gebe derzeit immer häufiger Ermittlungen in Dingen, die über die vatikanischen Staatsgrenzen hinausreichten. Deshalb habe seine Behörde jetzt häufig Kontakt mit ausländischen Justiz- und Polizeibehörden. Er sei für die Bereitschaft zur Zusammenarbeit besonders dankbar, da es zwischen dem Vatikanstaat und der Italienischen Republik kein förmliches Rechtshilfeabkommen gebe. Dennoch seien die Beziehungen von gegenseitigem Vertrauen geprägt.
Derzeit nähmen auch aus anderen Ländern die Anfragen an seine Behörde zu, Ermittlungsergebnisse über die Grenzen hinweg zu teilen, betonte Diddi. Dies zeige, wie wertvoll die Arbeit der Staatsanwaltschaft und der Polizei in dem kleinen Staat der Vatikanstadt sei.
Diddi hatte im Januar überraschend angekündigt, der Vatikan werde im Fall der 1983 spurlos verschwundenen Jugendlichen Emanuela Orlandi Ermittlungen aufnehmen. Dieser ungelöste Fall bewegt die Öffentlichkeit seit Jahrzehnten, die italienische Justiz hatte ihn im Jahr 1997 wegen fehlender Beweise zu den Akten gelegt.