„Es fährt ein Zug nach nirgendwo“: So manche Reformdebatten beim Synodalen Weg gemahnten an diesen Schlager. Vor dem letzten Treffen der Reforminitiative ist eher zu befürchten, dass da zwei Züge aufeinander zurasen.
Bonn – „Ich wünsche es uns allen nicht, dass es einen Eklat gibt.“ Am Ende der Frühjahrsvollversammlung der deutschen Bischöfe blickte der Bischofskonferenz-Vorsitzende Georg Bätzing nur bedingt euphorisch nach vorn auf den Synodalen Weg. Zum fünften und letzten Mal werden die Synodalen – Bischöfe und Laienkatholiken – nächste Woche in Frankfurt zusammenkommen, um Beschlüsse zur Zukunft der Kirche in Deutschland zu fassen.
Nagelprobe könnte der letzte Punkt der Tagesordnung werden
Zehn Papiere stehen zur Beratung, neun davon in Zweiter Lesung. Sie könnten damit von der Synodalversammlung verabschiedet werden. Zur eigentlichen Nagelprobe aber könnte der letzte Punkt der Tagesordnung werden: „Wahl von 20 Mitgliedern des Synodalen Ausschusses.“ Der Ausschuss soll die Einrichtung eines neuen Leitungsorgans aus Bischöfen und Laien vorbereiten.
Gegen diesen Synodalen Rat hatte der Vatikan bereits zu Jahresbeginn ein Stopp-Signal gesetzt. Auf dem Treffen der Bischöfe bekräftigte Papst-Botschafter Nikola Eterovic: Ein Synodaler Rat darf nicht gegründet werden. Solch ein Gremium würde die Macht und Autorität der Bischöfe untergraben oder beschneiden.
Unter deutschen Reformbefürwortern scheinen indes die Weichen gestellt. Bätzing wurde auch in Dresden nicht müde zu betonen, dass man alle Vorgaben des Kirchenrechts respektieren wolle. „Ich denke, hier liegt einfach ein Missverständnis vor, das ist noch nicht ausgeräumt.“ Die Bischöfe müssten Zeichen für Veränderung setzen: „Sonst glauben uns die Menschen nicht mehr und laufen reihenweise weg.“
Kritische Fragen zum Synodalen Weg
Ähnlich formulierte es Thomas Sternberg in einem Interview der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). Der ehemalige Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), der 2019 zu den Initiatoren des Synodalen Wegs gehörte, wies auf bereits bestehende Strukturen der Mitbestimmung hin, nicht zuletzt die Gemeinsame Konferenz von Laien und Bischöfen, die es schon seit rund 50 Jahren gebe. „Ist das alles Makulatur?“
Zwar redet niemand von einem Bruch mit dem Vatikan. Aber derzeit muss es so aussehen, als ob bei der Synodalversammlung in Frankfurt zwei Züge aufeinander zurasen: einer voll besetzt mit reformorientierten Passagieren, der andere mit Bewahrern und Kritikern des Synodalen Weges. Auch wenn in diesem zweiten Zug zuletzt mehrere Plätze frei wurden, weil fünf im konservativen Spektrum verortete Synodale kurz vor dem letzten Halt in Frankfurt ihren Ausstieg bekanntgaben und die Notbremse zogen: Der verbliebene Rest dürfte sich durch die Einlassungen aus Rom bestärkt fühlen.
Das gilt vor allem für die Bischöfe beziehungsweise Erzbischöfe von Köln (Rainer Maria Woelki), Augsburg (Bertram Meier), Eichstätt (Gregor Maria Hanke), Passau (Stefan Oster) und Regensburg (Rudolf Voderholzer), deren kritische Fragen zum Synodalen Weg den Vatikan zu seinen jüngsten Klarstellungen veranlassten.
Bei vier Texten sind Differenzen unter Bischöfen am größten
Angesichts der aktuellen Gemengelage werden sich eventuell einige weitere tendenziell reformbereite Amtsbrüder bemüßigt fühlen, umzusteigen. Gut möglich, dass es dann noch einmal schwieriger wird, tragfähige Mehrheiten zu finden für die nun zur Abstimmung stehenden Papiere zu Macht, Sexualmoral, Rolle der Frau und priesterlicher Lebensform, den zentralen Themenfeldern des Synodalen Wegs. Bei vier Texten sind die Differenzen unter den Bischöfen am größten: zwei Papiere zu Frauen in sakramentalen Ämtern und in der Verkündigung, ein Text zur Einführung von Segnungen für Homosexuelle und ein Text zu mehr Mitentscheidungsmöglichkeiten von Laien auf Bistumsebene.
Bätzing baut schon einmal vor. Er sei „sehr zuversichtlich, dass wir kommende Woche in der Synodalversammlung in Frankfurt mit allen Delegierten des Synodalen Wegs weitere wichtige Beschlüsse fassen können“, sagte der Limburger Bischof. Zugleich räumte er ein: „Ich gehe nicht davon aus, dass alle Texte durch die Synodalversammlung kommen.“ Das jedoch sei „ein ganz normaler Vorgang“.
Gleichwohl ist die Anspannung auf allen Seiten spürbar – Ausgang ungewiss. Wird der Reformexpress zum Bummelzug oder fährt er gar aufs Abstellgleis? Ein konstruktiver Abschluss des Synodalen Wegs wird einiges an diplomatischem und rhetorischem Können erfordern.