Papst Franziskus ist in der römischen Gemelli-Klinik. Laut Vatikan befindet er sich mit einer Atemwegsinfektion auf dem Weg der Besserung. Aber die Kommunikation lässt Raum für Spekulationen über den wirklichen Zustand.
Rom – Die weißen Rollläden im zehnten Stock der römischen Gemelli-Klinik sind bis auf kleine Spalte heruntergelassen. Das Licht kommt vielleicht auf der anderen Seite herein – dort können keine Kamerateams hineinfilmen. Papst Franziskus ist im Krankenhaus. In der bekanntesten römischen Klinik gibt es auf dem obersten Stockwerk einen eigenen Trakt für das katholische Kirchenoberhaupt, in der er – abgeschirmt von der Öffentlichkeit – behandelt werden kann. Mittwochnachmittag hat er sich laut Vatikan zu „geplanten Untersuchungen“ in die Klinik begeben.
Italienische Medien berichteten hingegen von einer Krankenwagenfahrt Richtung kardiologische Abteilung, auch von einem Herzinfarkt war die Rede. Diese Spekulationen veranlassten offenbar den Vatikan am späten Mittwochabend zu einer weiteren, von der ersten abweichenden, Erklärung. Der Papst habe in den letzten Tagen über Atembeschwerden geklagt. Ursache sei eine Atemwegsinfektion, „die einige Tage lang eine angemessene medizinische Behandlung im Krankenhaus erfordern wird“. Es soll sich weder um eine Lungenentzündung noch eine Corona-Infektion handeln.
Am Donnerstagmittag teilte Vatikansprecher Matteo Bruni dann mit, der Papst habe gut geschlafen; sein klinischer Zustand verbessere sich kontinuierlich. Er folge der vorgesehenen Behandlung. Zudem habe der Papst nach dem Frühstück mehrere Zeitungen gelesen und in der Privatkapelle seiner Krankenwohnung die Eucharistie empfangen. Für gewöhnlich feiert der Papst täglich eine Messe. Der kürzlich verstorbene Ex-Papst Benedikt XVI. hatte selbst in seinen letzten Tagen noch die Heilige Messe vom Krankenbett aus mitzelebriert.
Die wechselhafte Vatikankommunikation hinterlässt mehr Fragen als Antworten und bietet damit selbst den Nährboden für Spekulationen. Diskutiert werden diese etwa im direkten Blickfeld der Krankenwohnung von Franziskus. Gut 50 Medienvertreter haben sich auf einer kleinen Wiese an der Grundstücksgrenze der Klinik versammelt. Zutritt in das Krankenhaus ist nicht gestattet. Dutzende Kameras sind auf die fünf verschlossenen Fenster im zehnten Stock gerichtet. Bis 23 Uhr am Mittwochabend harrten einige der Teams aus, die ersten trafen wieder gegen 7.30 Uhr am Donnerstagmorgen auf der kleinen Anhöhe ein.
Zu beobachten ist: Nichts. Ab und an öffnet sich eines der Fenster, um ein wenig Luft hereinzulassen. Weder eine sichtbar erhöhte Polizeipräsenz noch Plakate oder aufgestellte Kerzen zeugen von Franziskus‘ Anwesenheit. Blumen liegen nur vor der großen weißen Statue von Papst Johannes Paul II. (1978-2005) vor dem Haupteingang der Gemelli-Klinik. Er war der erste Papst, der den speziellen Kliniktrakt zur medizinischen Behandlung nutzte. Wegen seiner häufigen Klinikaufenthalte bezeichnete er das Klinikum einmal scherzhaft als eine Art Nebenvatikan. Eingerichtet wurde der Papst-Trakt im Gemelli nach dem plötzlichen Tod von Johannes Paul I. 1978.
Die Abteilung für die Päpste lässt sich über einen eigenen Aufzug und einen streng bewachten Flur erreichen. Für den Papst gibt es ein Krankenzimmer und auch für seine Begleiter stehen Räume zur Verfügung. Es gibt ein Wohnzimmer, einen Besprechungsraum, Sekretariate und eine Privatkapelle. Franziskus hielt sich schon einmal Anfang Juli 2021 in der Wohnung auf. Nach einer Darm-Operation verbrachte er dort zehn Tage.
Die Darmerkrankung könnte auch ein Grund des aktuellen Aufenthalts sein. Vor zwei Monaten hatte Franziskus in einem Interview berichtet, dass die sklerosierende Divertikulitis sich erneut bemerkbar mache. Die Spekulationen über mögliche Herzprobleme sind ebenfalls noch nicht aus der Welt. Vielleicht ist es auch „nur“ die vom Vatikan mitgeteilte akute Atemwegsinfektion. Die könnte ebenfalls riskant werden für einen 86-Jährigen mit extrem hohem Arbeitspensum, der selten eine Pause einlegt und auf Urlaub verzichtet. Vor etwa einem Monat hatte sich Franziskus mit einer starken Erkältung, die ihm das Sprechen unmöglich machte, lediglich einen Tag Ruhe gegönnt. Hat er damals etwas verschleppt?
Franziskus wird es vielleicht selbst einmal in einem Interview verraten. In der Vergangenheit hat er immer wieder sehr konkret über seinen Gesundheitszustand geplaudert. So lange er im Krankenhaus ist, werden auch Journalisten dort sein und darüber spekulieren; und ab und zu einen Blick auf die Rolläden und die geöffneten Spalte werfen.