Bistum Trier weitet Aufarbeitung in Missbrauchsfall aus

Nach Bekanntwerden eines Missbrauchsfalls aus dem Bistum Trier will die Diözese die Aufklärung ausweiten.

Nach Bekanntwerden eines Missbrauchsfalls aus dem Bistum Trier will die Diözese die Aufklärung ausweiten. Durch Berichte und die folgenden Meldungen und Hinweise werde deutlich, dass eine Befassung nur der Aufarbeitungskommission nicht ausreiche, erklärte das Bistum am Montag. Am Wochenende seien Hinweise auf weitere Vorwürfe aus den 1960er und 1970er Jahren eingegangen. Es gebe auch Hinweise auf ein Doppelleben des Priesters unter falschem Namen in Afrika.Bischof Stephan Ackermann beauftragte Generalvikar Ulrich Graf von Plettenberg mit der Koordination. Es sei wichtig, alle vorhandenen und neuen Informationen zusammenzutragen, „um die Dimension des Falles wirklich zu erfassen“ und aufzuarbeiten, so der Bischof. Betroffene oder Zeugen sollten sich bei den Ansprechpersonen des Bistums melden. Geprüft werde auch, wie mögliche Betroffene aus Afrika erreicht werden könnten. Es geht um einen im Vorjahr gestorbenen Priester aus dem Bistum, der jahrzehntelang Missbrauch begangen und in Fotos dokumentiert haben soll.

Der Generalvikar will auch mit dem saarländischen Bildungsministerium die Möglichkeit einer gemeinsamen, unabhängigen Kontaktstelle für mögliche Betroffene prüfen. Bildungsministerin Christine Streichert-Clivot (SPD) hatte am Wochenende kritisiert, vom Bistum nicht informiert worden zu sein. Der Mann war bis 1999 rund 20 Jahre an einem Gymnasium im Saarland eingesetzt, obwohl es Anfang der 1970er Jahre Hinweise auf übergriffiges Verhalten gegeben haben soll.

Von Plettenberg will auch mit der Aufarbeitungskommission sprechen. Sie könne möglicherweise Unterlagen zur Verfügung stellen. Die mutmaßlichen Taten des Priesters fallen teils in die Amtszeit (1967-1981) von Bischof Bernhard Stein (1903-1993), zu der eine Studie vorliegt. Der Vorsitzende der Aufarbeitungskommission und frühere rheinland-pfälzische Justizminister Gerhard Robbers sagte auf Anfrage, dass der beschuldigte Priester anonymisiert Teil der Studie sei.

Robbers wies auch den Vorwurf zurück, zur Vernichtung von kinderpornografischem Material im Zusammenhang mit dem Fall aufgefordert zu haben. „Ich habe nicht dazu geraten, das Material zu verbrennen“, sagte er der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). Im Gespräch mit dem Neffen des Beschuldigten habe er auf die Rechtslage hingewiesen und gesagt, dass man das Material zügig an eine zuständige Stelle geben oder vernichten müsse. Die „Rhein-Zeitung“ zitiert den Neffen mit dem Satz, Robbers habe ihm geraten, die belastenden Fotos zu verbrennen.

Öffentlich gemacht hatte der Neffe des Priesters den Fall, nachdem er im Haus des Verstorbenen Kisten mit teilweise pornografischen Fotos und Filmen fand. Sie zeigten teilweise auch Minderjährige. Die Aufnahmen sollen von den 1960er Jahren bis in die 2000er Jahre reichen. Der Neffe informierte daraufhin Ackermann und sprach auch mit Robbers über den Fall.

Der Mann wurde nach Angaben des Bistums 2012 sanktioniert, durfte keine Messen feiern, und der Umgang mit Jugendlichen wurde ihm verboten. Zuvor genoss er hohes Ansehen; wegen seines Engagements für Afrika wurde er mit dem Verdienstorden der Bundesrepublik ausgezeichnet. Er war als Seelsorger in verschiedenen Gemeinden im Saarland und in Rheinland-Pfalz tätig und an Schulen eingesetzt. Ab 1970 war er laut Bistum Trier zum Studium in Köln beurlaubt und in Nordrhein-Westfalen einige Jahre auch als Religionslehrer und Hausgeistlicher aktiv.

kna