Ackermann lässt Vorwürfe gegen Kentenich prüfen

Der Trierer katholische Bischof Stephan Ackermann lässt Missbrauchsvorwürfe gegen den Schönstatt-Gründer Pater Josef Kentenich (1885-1968) aus der Zeit des Exils in den USA neu prüfen.

Der Trierer katholische Bischof Stephan Ackermann lässt Missbrauchsvorwürfe gegen den Schönstatt-Gründer Pater Josef Kentenich (1885-1968) aus der Zeit des Exils in den USA neu prüfen. Ackermann bezieht sich auf bislang öffentlich nicht bekannte Anschuldigungen aus den USA. Dabei handele es sich um Vorwürfe eines Amerikaners, der Kentenich vorwerfe, ihn zwischen 1958 und 1962 sexuell missbraucht zu haben, sagte der Bischof der Bistumszeitung “Paulinus” (Mittwoch online). Die Vorwürfe seien damals zwar geprüft worden. In der Zwischenzeit habe sich der Umgang mit Verdachtsfällen aber weiterentwickelt.

Die Vorwürfe gegen Pater Kentenich seien der Erzdiözese Milwaukee ab 1994 bekannt gewesen und auch untersucht worden, sagte Ackermann weiter. Das kirchliche Gericht dort habe in einem Bericht “die Überzeugung vertreten, dass zu diesem Zeitpunkt kein Anlass bestand, die Sache weiter zu verfolgen”.

Seit 1975 läuft ein Seligsprechungsverfahren für Kentenich. Dazu habe das Bistum Trier die Unterlagen aus Milwaukee erhalten und deren Bericht damals als “stimmig” bewertet, so Ackermann. Er wolle nun prüfen lassen, ob die damalige Untersuchung heutigen Kriterien entspreche oder ob wichtige Aspekte nicht berücksichtigt wurden. Denn seit damals “haben wir – weltweit – viele Erfahrungen gesammelt, was die Aufklärung von Verdachtsfällen des sexuellen Missbrauchs anbetrifft”, so der Bischof.

Das Generalpräsidium der Schönstatt-Bewegung begrüßt nach eigenen Worten das Vorgehen von Bischof Ackermann “im Sinn einer umfassenden Klärung ausdrücklich”. Auf ihrer Internetseite teilte die Bewegung am Mittwoch mit, seit 1997 von den Beschuldigungen zu wissen. Das Generalpräsidium habe aber weder konkrete Vorwürfe gekannt noch Einblick in die Akten erhalten.

Der Schönstatt-Gründer wurde 1951 nach einem Prüfverfahren des Vatikan in die USA ins Exil geschickt. Dort lebte er in Milwaukee im Bundesstaat Wisconsin und kehrte 1965 nach Schönstatt zurück. Diese Schritte werden vor allem mit Blick auf im Sommer bekannt gewordene Vorwürfe gegen Kentenich unterschiedlich bewertet.

Angestoßen hatte die Debatte die in Rom tätige Kirchenhistorikerin Alexandra von Teuffenbach. Sie wirft dem bis heute populären Pater Kentenich systematische Manipulation, Machtmissbrauch und sexuelle Übergriffe vor. Dabei stützt sie sich unter anderem auf neu zugängliche vatikanische Dokumente aus der Zeit des Pontifikats von Papst Pius XII. (1939-1958).

Bischof Ackermann hatte nach Bekanntwerden der Vorwürfe zunächst eine zweite Historikerkommission angekündigt. Nun sollen stattdessen Experten, darunter Wissenschaftler, Pallottiner und Schönstatt-Mitglieder den Fall neu untersuchen. Sie seien in ihrer Arbeit freier und müssten nicht den vatikanischen Auflagen wie etwa Geheimhaltung folgen. Noch seien die angefragten Experten und das Bistum dabei, Arbeitsaufträge zu bestimmen. Wer dazu zählt, teilte das Bistum auf Anfrage nicht mit. Eine erste Historikerkommission, die für jedes Seligsprechungsverfahren vorgesehen ist, hatte 2007 ihre Arbeit abgeschlossen.

Die Schönstatt-Bewegung ist eine katholische geistliche Gemeinschaft, der sich eigenen Angaben zufolge bundesweit rund 20.000 Menschen zugehörig fühlen. Gegründet wurde sie 1914 in Schönstatt, einem Stadtteil von Vallendar bei Koblenz. Nach dem Zweiten Weltkrieg breitete sich die Bewegung international aus.

Von Anna Fries (KNA)