Viele Deutsche empfinden das britische Königshaus nach Worten des Historikers Thomas Biskup durchaus als eine Art Ersatzmonarchie.
Hull – Viele Deutsche empfinden das britische Königshaus nach Worten des Historikers Thomas Biskup durchaus als eine Art Ersatzmonarchie. Das Interesse an den Mitgliedern des Hauses Windsor sei in der deutschen Boulevardpresse besonders groß, sagte Biskup, der an der University of Hull lehrt, am Dienstag der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). „Dass einem an den Zeitschriftenregalen von jedem zweiten Magazin Prinzessin Kate, William oder Camilla entgegenlächeln, gibt es so in anderen europäischen Ländern nicht.“
Die britische Monarchie sei im Kalten Krieg in Westdeutschland zu einem Symbol des Antikommunismus geworden, so Biskup; und sie stehe für eine ruhmreiche Geschichte ohne Brüche – „also genau das Gegenteil von dem, was die Deutschen im 20. Jahrhundert erlebt haben“. Dieses Image halte sich immer noch. „Insofern stimmt das Bild von der Ersatzmonarchie schon ein bisschen.“ – Am Samstag wird Charles III., Sohn der 2022 gestorbenen Elizabeth II., in London zum König gekrönt.
Hinzu kommt laut Biskup, dass sich Monarchien für den Boulevard generell besser eigneten als andere Prominente. Die Mitglieder einer Königsfamilie, gerade der britischen, stünden von der Geburt bis zum prunkvollen Begräbnis im Rampenlicht. „Sie verkörpern für die Leser sozusagen den eigenen Lebenszyklus, und damit wächst auch das Interesse an ihrer Vita. Taufen, Hochzeiten, Ehekrisen und Familienzwist werden zum Spiegel der eigenen Existenz – und das in einer scheinbar märchenhaften Kulisse.“
Für manchen sei es womöglich auch tröstlich, dass selbst die Bewohner eines Buckingham Palace nicht frei von Alltagssorgen sind, so der Historiker; und: „Entsprechende Storys werden notfalls erfunden oder als wilde Spekulationen in die Welt gesetzt.“