Kritik an Kolonialdialog mit Namibia bislang noch ohne Antwort

Die Bundesregierung hat bislang offenbar noch nicht auf die kritischen Einlassungen von sieben UN-Sonderberichterstattern zum Kolonialdialog mit Namibia reagiert.
Herzog: Gedenken ist Verpflichtung für Israel und Deutschland

–Foto h kama/Pixabay

Die Bundesregierung hat bislang offenbar noch nicht auf die kritischen Einlassungen von sieben UN-Sonderberichterstattern zum Kolonialdialog mit Namibia reagiert. Man beabsichtige jedoch, dies noch in der laufenden Woche zu tun, heißt es in einer jetzt veröffentlichten Antwort auf eine von der Linken-Abgeordneten Sevim Dagdelen am Mittwoch gestellte Frage im Rahmen der Fragestunde im Bundestag.

Namibia war von 1884 bis 1915 deutsche Kolonie. Zwischen 1904 und 1908 töteten deutsche Truppen unter Lothar von Trotha (1848-1920) Zehntausende Herero und Nama. Ende Mai 2021 hatten sich Deutschland und Namibia im Grundsatz auf eine „Gemeinsame Erklärung“ verständigt. Darin werden die Ereignisse „aus heutiger Perspektive“ als Völkermord bezeichnet. In den kommenden 30 Jahren sollen rund 1,1 Milliarden Euro in Wiederaufbau- und Entwicklungsprojekte in Namibia fließen.

Vertreter von Herero und Nama fühlen sich an den Verhandlungen nicht angemessen beteiligt. Bislang fehlt zudem die Zustimmung des namibischen Parlaments. Der Bundesregierung zufolge sollen noch offene Fragen im Wege von Nachverhandlungen geklärt werden.

Ende April hatte unter anderem die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ über die Einlassungen der UN-Experten berichtet. Darin teilen diese die Kritik jener Herero und Nama, die Vorbehalte gegenüber dem Abkommen haben. Weiter kritisierten die Sonderberichterstatter demnach, dass die „Gemeinsame Erklärung“ keine wirksamen Wiedergutmachungsmaßnahmen enthalte. Es handle sich um „Wiederaufbau- und Entwicklungshilfeprogramme“. Diese würden dem „Ausmaß des Schadens, der den Opfern zugefügt wurde, nicht gerecht“.

Die „Special Rapporteurs“ befassten sich schwerpunktmäßig mit möglichen Verstößen gegen das Völkerrecht. Sie wurden der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ zufolge als unabhängige Fachleute vom UN-Menschenrechtsrat bestimmt, werden für ihre Arbeit aber nicht von den Vereinten Nationen bezahlt. Sie könnten Regierungen nicht zu Handlungen verpflichten, doch ihre Berichte hätten Signalwirkung, so die Zeitung. Namibia und Deutschland hätten im Februar einen Brief der Sonderberichterstatter enthalten mit einer Antwortfrist von 60 Tagen. Am 12. April habe die deutsche Regierung lum eine Fristverlängerung bis 8. Mai gebeten.

Der namibischen Regierung obliege es, die Teilhabe aller betroffenen Bevölkerungsgruppen am Verhandlungsprozess zu organisieren, heißt es in der Antwort auf die Frage Dagdelens. Dies sei nach Kenntnis der Bundesregierung in umfassender Weise erfolgt, „unter anderem im Oktober 2022, als über 250 Chiefs der Nama, Herero, Damara und San sich auf Einladung des namibischen Vize-Präsidenten im Chiefs Forum versammelten und die überwiegende Mehrheit sich für die Fortsetzung der Verhandlungen mit Deutschland aussprach“.

Dagdelen warf der Bundesregierung Untätigkeit vor. „Weder Kritik aus Namibia noch die der UNO werden erhört, mögliche Verhandlungen über Reparationszahlungen partout weiter abgelehnt. Man darf angesichts dieser Verweigerungshaltung nicht verwundert sein, dass sich immer mehr Staaten Afrikas von Deutschland abwenden und dessen Vertreter bis hin zum Bundeskanzler dort nur noch kühl-distanziert empfangen werden.“