Historiker: Mahnmal für Zeugen Jehovas ist „überfällig“

Historiker haben sich für die baldige Errichtung eines Mahnmals für die in der NS-Zeit verfolgten Zeugen Jehovas in Berlin stark gemacht.
Historiker: Mahnmal für Zeugen Jehovas ist „überfällig“

–Foto h kama/Pixabay

 Historiker haben sich für die baldige Errichtung eines Mahnmals für die in der NS-Zeit verfolgten Zeugen Jehovas in Berlin stark gemacht. Dieser Schritt sei „überfällig“, sagte der Direktor der Stiftung Denkmal für die ermordeten Juden Europas, Uwe Neumärker, am Montag bei einer Anhörung im Kulturausschuss des Bundestags. Die Zeugen Jehovas hätten als einzige religiöse Gemeinschaft geschlossen Widerstand gegen den Nationalsozialismus geleistet, erklärten die Historiker Wolfgang Benz, Detlef Garbe und Tim Müller.

Im Gegensatz zur Mehrheit der Christen hätten sie nicht weggeschaut angesichts der nationalsozialistischen Verbrechen gegenüber den Juden und anderen verfolgten Gruppen, sagte Benz. Auch nach der NS-Zeit sei das Leid der Verfolgten lange nicht anerkannt worden. Es sei „verdrängt worden und unerforscht geblieben“, so Garbe.

Mitte Mai hatte der Bundestag in einer von nachdenklichen Tönen bestimmten Aussprache in Erster Lesung über einen gemeinsamen Antrag der Fraktionen der Regierungskoalition und der CDU/CSU beraten. Demnach soll sich die Bundesregierung für ein Denkmal für die verfolgten und ermordeten Zeugen Jehovas in Europa am historischen Ort im Tiergarten einsetzen und über die Verfolgung dieser Opfergruppe informieren.

Nach derzeitigem Forschungsstand waren mindestens 10.700 deutsche Zeugen Jehovas und 2.700 aus den von Deutschland besetzten Ländern Europas direkt der Verfolgung ausgesetzt. So enteigneten die Nazis Angehörige der Gemeinschaft, zerstörten ihre wirtschaftliche Existenz, entzogen ihnen die Kinder oder folterten und ermordeten sie. 1.250 der Verfolgten waren demnach minderjährig, 600 Kinder wurden ihren Eltern weggenommen. Etwa 2.800 Zeugen Jehovas aus Deutschland und 1.400 weitere aus Europa wurden in Konzentrationslager verschleppt. Mindestens 1.700 Zeugen Jehovas verloren durch die nationalsozialistische Gewaltherrschaft ihr Leben.

Die Zeugen Jehovas sind eine hierarchisch organisierte Religionsgemeinschaft. Die Mitglieder wollen Zeugnis vom biblischen Gott geben, den sie Jehova nennen. Die Gemeinschaft versteht sich als christlich. Ihre Anfänge liegen im 19. Jahrhundert in den USA. Weltweit hat sie nach eigenen Angaben über acht Millionen Mitglieder, in Deutschland rund 170.000.

kna