Der Sozialethiker Peter Schallenberg verteidigt den vatikanischen Kurs zum Ukraine-Krieg. Der Vatikan wolle nicht als „Anhängsel der westlichen strategischen Bündnispolitik im Hinblick auf Kiew betrachtet werden“.
Mönchengladbach – Der Sozialethiker Peter Schallenberg verteidigt den vatikanischen Kurs zum Ukraine-Krieg. Der Vatikan wolle nicht als „Anhängsel der westlichen strategischen Bündnispolitik im Hinblick auf Kiew betrachtet werden“, sagte der Direktor der Katholischen Sozialwissenschaftlichen Zentralstelle (KSZ) in Mönchengladbach der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). Der Vatikan sehe seine Hauptaufgabe im Schutz der Christen und überhaupt der Menschenrechte. „Das scheint ihm am besten zu gelingen, wenn er nicht Teil einer strategischen Allianz ist.“
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hatte nach einem Treffen mit dem Papst die Vermittlungsbemühungen des Vatikans zurückgewiesen. Dessen Vermittlerrolle sei nicht sinnvoll. Dazu sagte Schallenberg, es sei „ganz verständlich und nachvollziehbar“, dass Selenskyj alles auf eine Karte setze. „Aber genauso nachvollziehbar und verständlich ist, dass der Vatikan sagt, wir haben einen anderen Blick, ohne dass deswegen irgendein Unrecht oder eine Gewalt gerechtfertigt wird.“ Am Ende müssten die Gesprächsfäden wieder aufgenommen werden „auch und gerade auf entsetzlichen Bergen von Leichen“.
Die päpstliche Diplomatie hat laut Schallenberg in den letzten 100 Jahre versucht, eine neutrale Haltung einzunehmen. Hinsichtlich der moralischen Beurteilung von Kriegen sei er jedoch eindeutig. „Der Papst hat den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine verurteilt, doch positioniert sich der Heilige Stuhl außerhalb der Machtblöcke und nimmt über das Ende der Kriege auch den neuen Anfang einer Versöhnung in den Blick.“ Dadurch könne er ein Forum bieten und als Vermittler tätig sein. „Es geht darum, aus Feinden Partner werden zu lassen.“
Der auch in Paderborn lehrende Moraltheologe erinnerte an die ablehnende Position des Vatikans im Irak-Krieg, in der bereits ein distanziertes Verhältnis zum Westen deutlich geworden sei. „Der Vatikan sieht sich dezidiert nicht als Teil des Westens. Punkt.“
In Deutschland stünden sich stattdessen Extrempositionen gegenüber, „ein Mittelweg scheint kaum möglich zu sein. Entweder ein bedingungsloser Pazifismus oder ein eine bedingungslose Hilfe für die Ukraine bis zum Sieg.“ Die Kirche lehne eine Position ab, „wie wir es aus der Diktion George Bushs jun. von der ‚Achse des Bösen‘ kennen.“ Der Präsident habe einen Unterschied zwischen dem Reich des guten Westens und dem Reich des Bösen auf der anderen Seite gemacht. „Da ist der Vatikan nie mitgegangen.“