Kritik an geplanter Änderung des Europäischen Asylsystems

In der Debatte über eine gemeinsame Asylpolitik in der EU haben mehrere Organisationen Bedenken und Ablehnung gegen eine Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems geäußert.
Kritik an geplanter Änderung des Europäischen Asylsystems

Nancy Faeser –Foto: © Angelika Aschenbach

In der Debatte über eine gemeinsame Asylpolitik in der EU haben mehrere Organisationen Bedenken und Ablehnung gegen eine Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems geäußert. Vor den geplanten Beratungen dazu erneuerten sie zum Teil ihre Kritik daran.

So befürchtet Amnesty International eine Verletzung von Menschenrechten. Auch könne es zu völkerrechtswidrigen Abschiebungen kommen, erklärte die Organisation am Dienstag in Berlin. Sie forderte die Bundesregierung auf, am Donnerstag „keine Kompromisse auf Kosten des Flüchtlingsschutzes zu schließen und gegen die geplante Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS) zu stimmen“.

Die EU-Innenminister wollen an dem Tag über eine Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems beraten. Dabei geht es unter anderem um die Frage, ob es Vorprüfungen von Asylanträgen schon an den europäischen Außengrenzen geben soll. Auch Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) hatte sich dafür ausgesprochen, sofern die Antragsteller erwachsen sind.

Besondere Sorge beim Thema Sichere Drittstaaten

Amnesty kritisierte unter anderem, dass Betroffene nach einer möglichen Reform weder eine „angemessene Asylberatung“ noch rechtlichen Beistand bekämen. „Besondere Sorge bereitet uns die deutsche Verhandlungsposition hinsichtlich der ’sicheren Drittstaaten'“, erklärte die stellvertretende Generalsekretärin von Amnesty International in Deutschland, Julia Duchrow.

„Unterstützt die Ampel-Koalition den Vorschlag, die Anforderungen an diese Staaten zu senken, bricht sie ihr Versprechen, jedes Asylgesuch inhaltlich zu prüfen.“ Asylanträge könnten pauschal als unzulässig abgelehnt werden, so Duchrow.

Pro Asyl sieht eine drohende „Aushebelung des Asylrechts“ in der EU. „Weder steht eine Entlastung der Außengrenzstaaten über einen wirksamen Solidaritätsmechanismus zur Debatte, bei dem sich alle Mitgliedstaaten an einer Aufnahme von Geflüchteten beteiligen würden, noch scheint es menschenrechtliche rote Linien der Bundesregierung bei den Verhandlungen zu geben“, so die Kritik.

Faire Verfahren und eine faire Verteilung von Schutzsuchenden

Save the Children und mehr als 40 andere Organisationen nehmen die Lage von Mädchen und Jungen in den Blick. „Deutschland muss konsequent gegen die Einführung von Grenzverfahren in Haftlagern, die Ausweitung sicherer Drittstaaten und die Absenkung von Verfahrensgarantien für geflüchtete Kinder und Jugendliche stimmen“, forderten sie.

Zu dem Bündnis gehören auch Terre des hommes, die Kindernothilfe und die Diakonie. Zusammen mit dem Hilfswerk Brot für die Welt hat die Diakonie zudem „faire Verfahren und eine gerechte Verteilung von Schutzsuchenden in der Europäischen Union“ gefordert. Es drohten massive Zurückweisungen von Schutzsuchenden in Drittstaaten und die Ausweitung von Grenzverfahren mit eingeschränkten Rechten und Inhaftierung selbst von Minderjährigen, so die Hilfswerke.

Der Lesben- und Schwulenverband in Deutschland sieht Gefahren für andere schutzbedürftige Menschen, wenn Ausnahmen von den Grenzverfahren nur für Familien und Kinder gelten. Der Deutsche Anwaltsverein bemängelte, dass verkürzte Verfahren die Prüfung des Einzelfalls nicht ausreichend gewährleisten könnten.

Von Leticia Witte und Michael Kinnen (KNA)