Bei der Aufarbeitung des Missbrauchsskandals steht die katholische Kirche in Deutschland nach Ansicht von Bischof Helmut Dieser nicht mehr am Anfang.
Köln – Bei der Aufarbeitung des Missbrauchsskandals steht die katholische Kirche in Deutschland nach Ansicht von Bischof Helmut Dieser nicht mehr am Anfang. „Wir sind intensiv dran“, sagte der Missbrauchsbeauftragte der Deutschen Bischofskonferenz der Kölnischen Rundschau (Dienstag). „Unsere Aufarbeitung orientiert sich nicht an der Institution, sondern an den Betroffenen. Und ich bekomme auch von Betroffenen die Rückmeldung, dass diese Arbeit wirksam ist“, so der Aachener Bischof.
Dieser bekräftigte, dass auch der Staat seine Verantwortung bei der Aufarbeitung stärker wahrnehmen müsse. „Eine staatliche Instanz kann helfen, allgemeinverbindliche Regeln und Standards zu setzen, an die sich die aufarbeitenden Institutionen halten müssen und deren Einhaltung überprüft werden kann.“
Dieser berichtete von Hinweisen Betroffener, nach denen der mutmaßliche Missbrauchstäter Edmund Dillinger aus dem Bistum Trier und ein weiterer Priester aus dem Bistum Aachen zusammengewirkt haben könnten. Beide seien viel im Ausland gewesen. „Ich fürchte, dahinter steckt noch viel mehr an Kriminalität, als uns bisher klar geworden ist“, sagte Dieser. Näheres werde aktuell ermittelt.
Als „entsetzlich“ bewertete Dieser die Erkenntnisse über die Rolle des früheren Freiburger Erzbischofs und ehemaligen Vorsitzenden der Bischofskonferenz, Robert Zollitsch. „Man kann nur rätseln, wie ein Mensch so verschiedene Gesichter haben kann: Öffentlich etwas einfordern, es im eigenen Verantwortungsbereich aber nicht tun.“ Der Umgang von Zollitsch und auch des früheren Papstes Benedikt XVI. mit Missbrauchsgutachten sei enttäuschend. „Wer eine Diözese leitet oder gar als Papst an der Spitze steht, kann doch nur sagen: Ja, die Institution hat als Ganze versagt. Dafür bin ich verantwortlich, und ich hätte auch die Macht gehabt, einzuschreiten.“
Dieser betonte, die ganze Gesellschaft müsse sich fragen, wie sie den Betroffenen mehr Gerechtigkeit widerfahren lassen könne. „Missbrauch ist ein Thema nicht nur der Kirche, sondern der ganzen Gesellschaft. Aber wir sind die einzige gesellschaftliche Institution, die das systematisch aufklärt. Wenn man uns deswegen kritisiert, ist das nicht ganz fair.“