Die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) hat eingeräumt, dass es in Deutschland derzeit zu viele Kliniken gibt. Sie geht davon aus, dass künftig maximal jeder fünfte Krankenhausstandort wegfallen wird.
„Ich gehe davon aus, dass es innerhalb von zehn Jahren bis zu 20 Prozent weniger Klinikstandorte geben wird als heute“, sagte DKG-Chef Gerald Gaß dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (Montag). Das sei eine realistische Größenordnung, um eine gute Balance zwischen wohnortnaher Versorgung und Spezialisierung zu erreichen, betonte Gaß vor dem am Dienstag geplanten Protesttag der Krankenhäuser. „Auch wir als Krankenhäuser haben längst akzeptiert, dass wir Standorte zusammenlegen, umgestalten oder schließen müssen“, so Gaß. Gerade für komplexere Eingriffe seien größere Einheiten nötig. „Wir werden auf absehbare Zeit gar nicht mehr das Personal haben, die bisherigen Strukturen unverändert aufrecht zu erhalten“, argumentierte er. Deshalb teile die Klinikbranche grundsätzlich die Ziele der Krankenhausreform von Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD). Nötig sei aber ein gut organisierter Transformationsprozess, mit gezielten Fusionen zu größeren Einheiten und einem Umbau kleinerer Kliniken zum Beispiel in Gesundheitszentren, die sich um die Pflege und kleinere ambulante Eingriffe kümmerten.
Problematisch sei aber die derzeitige wirtschaftliche Lage der Krankenhäuser. Viele Kliniken würden die Reform von Lauterbach gar nicht mehr erleben, da sie vorher in Insolvenz gehen müssten, so Gaß. „Die Lage ist dramatisch“, sagte der DKG-Chef. Jeden Monat häuften die Krankenhäuser 600 Millionen Euro an neuen Schulden an, um die Patienten weiter behandeln zu können. „Bis Ende 2023 wird das Defizit auf zehn Milliarden Euro anwachsen, wobei hier schon die Energiehilfen der Regierung eingerechnet sind“, sagte Gaß. Er forderte Lauterbach auf, das Defizit durch ein Vorschaltgesetz zur Klinikreform auszugleichen.
Der Chef der Krankenhausgesellschaft lehnte zugleich die geplante Qualitätsampel für Kliniken strikt ab. Lauterbach tue so, als könne man an ein paar Werten ablesen, ob ein Krankenhaus gut oder schlecht sei. „Das ist Augenwischerei“, betonte Gaß. „Die Zahl der möglichen Parameter ist so hoch, dass man das nicht in ein einfaches Ampelsystem gießen kann.“
Krankenhäuser seien schon heute über ihre Qualitätsberichte so transparent wie kein anderer Bereich im Gesundheitswesen, sagte Gaß und betonte: „Suchen Sie einmal im Internet nach der Qualität einzelner Arztpraxen.“ Er ergänzte, auch der Zugang zur Versorgung sei ein Qualitätskriterium, das international gemessen werde. „Und da halte ich es für sehr fragwürdig, wenn Lauterbach neuerdings auf lange Wartezeiten setzt, damit die Menschen am Ende auf eine Hüft- oder Knieoperation verzichten, weil ja angeblich in Deutschland zu viel operiert werde.“