Weil Gott die Liebe ist

Nehmen wir unser Leben, gestützt durch die vielen anderen Schwestern und Brüder im Glauben an IHN an. Leben wir die Liebe zu ihm und dadurch eben auch zueinander.
Weil Gott die Liebe ist

BU: Wenn wir uns umeinaner kümmern, um kleine Töchter und Söhne, um alt werdende Mütter und Väter – dann machen wir es auch um Christi willen.

Die Familie ist in unserer Gesellschaft eine der höchstangesehenen Institutionen. Für mehr als drei Viertel aller Menschen in unserem Land steht sie an erster Stelle, und obwohl wir Deutschen statistisch nur etwas mehr als 1,5 Kinder pro Frau zählen, ist der Wunsch, ein Kind zu haben, in den letzten 20 Jahren von unter 50% auf 63% 2019 gestiegen (Quelle: Familienreport der Bundesregierung 2020). Daraus können wir ableiten, dass Zuneigung und Liebe untereinander in Familien wenn auch nicht überall und immer, so doch durchaus oft das Thema Nummer eins ist.

Und dann lese ich da bei Matthäus die Worte Christi: „Wer Vater oder Mutter mehr liebt als mich, ist meiner nicht wert, und wer Sohn oder Tochter mehr liebt als mich, ist meiner nicht wert.“ – Was soll das? Will Jesus mir den oftmals letzten Halt in einer für viele immer schwieriger zu verstehenden und immer unmenschlich anmutender Welt auch noch wegnehmen? Will er die komplette Aufgabe und Kappung aller Wurzeln und Brücken zu meinen lebenserhaltenden Systemen?

Scharfe Grenze für meine Liebe und Zuneigung

Was will Jesus mir damit sagen, wenn er eine ganz scharfe Grenze für meine Liebe und Zuneigung aufzeigt und mir scheinbar eine Entscheidung zwischen meiner Familie und ihm aufnötigt?

Womöglich nichts dergleichen. Womöglich liegt der Schlüssel zum Verständnis dieses Evangeliums, das im Wortsinne ja eine gute Nachricht sein soll und ist – womöglich liegt der Schlüssel in den Worten, die Jesus anfügt. Da ist zunächst vom Kreuz die Rede, das wir auf uns nehmen sollen und ihm damit nachfolgen. Wer dazu nicht bereit sei, ist seiner nicht wert. Da ist die Rede davon das gerade erst gefundene Leben zu verlieren und es nur durch den Verlust wirklich zu finden – auch hart. Auch nur schwer verdaulich und annehmbar.

Lese ich also weiter – irgendwo muss doch aus dieser Nachricht eine frohe und froh machende Botschaft werden! Nun ändert sich die Rede und erklärt damit wohl auch die harten Forderungen zuvor: Es geht darum, ihn aufzunehmen und damit selbst aufgenommen zu sein. Um Prophet, also Mittler Gottes zu den Mitmenschen zu sein, um gerecht zu sein und dafür einzutreten, dass auch die geringsten Dienerinnen und Diener – Jüngerinnen und Jünger es wert sind unterstützt zu werden. 

Es lohnt sich also, die Haltung und Perspektive zu wechseln: Gott ist der Maßstab, an dem hier gemessen wird. Ihn zu lieben, mit ganzem Herzen und ganzen Kräften ist nicht nur jüdische Tradition, der ja auch Jesus verpflichtet ist; Gott zu lieben durch alle Ebenen und Dimensionen unseres Lebens, verwirklicht seinen wahrhaft froh machenden Plan für uns, seine geliebten Kinder. Wenn wir uns umeinander, seine Ebenbilder liebevoll und wertschätzend kümmern. 

Wenn uns das Leid und die vielen Kreuze die unsere Mitmenschen, zuweilen ganz in unserer Nähe bedrücken, mithelfen, leichter zu machen. Wenn wir uns ganz besonders auch um womöglich alt werdendere Väter und Mütter, um noch kleine Töchter und Söhne sorgen und ihnen in den Anforderungen des Lebens beistehen. Dann tun wir dies nicht aus Egoismus oder falsch verstandenem Rollenverhalten, wir tun es um Christi willen – weil er uns vorgelebt hat, wie unser menschliches, gemeinsames Leben hier in dieser Welt und in Gottes Schöpfung wirklich und nachhaltig gelingen kann. Das ist das oben erwähnte Kreuz Christi, sein Auftrag für uns. Diese Verantwortung auf unser aller Schultern zu verteilen, macht sie nicht nur sprichwörtlich leichter.

Letztlich ist das, was sich zunächst wie ein Ausspielen und die Nötigung zu einer harten Entscheidung liest, doch genau das, was „Evangelium“ wörtlich meint: Nehmen wir unser Leben, gestützt durch die vielen anderen Schwestern und Brüder im Glauben an IHN an. Leben wir die Liebe zu ihm und dadurch eben auch zueinander. Denn: Gott ist die Liebe, nicht mehr und nicht weniger.

Gregor Lauenburger